Elixir

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Keyword: Elixir

Links: Alchemie, opus magnum, Stein der Weisen

Definition: Elixir stammt aus dem arabischen al-iksir. In der arabischen Alchemie ist es das Heilmittel gegen alle Krankheiten und heißt Gift der Gifte (samm as-sumum), weil es das Gift für die Krankheit ist.

Information: In einem arabischen, dem Ibn Sina (Avicenna) zugeschriebenen Traktat (H. E. Stapleton, R. F. A-ZO, M. H. Husain und G. L. Lewis: Two Alchemical Treatises attributed to Avicenna. Ambix 10, 41-82, 1962) heißt es, "dieses Elixir färbe dank seines Färbemittels (tingit tinctura sua), dringt ein dank seinem Öl (submergitur oleo suo), und bleibt fixiert dank seinem Kalk (figitur calce sua). Das Öl ist der Wirkstoff, der die Tinktur vereint (oleum est aggregans in tincturam). Das Merkurwasser dient als Medium für die Tinktur (argentum vivum est deferens tincturam). Unter den Elementen ist das Feuer das Analog der Tinktur, das Öl das Analog der Luft, das Quecksilber das Analog des Wassers und der Kalk das Analog der Erde. Das ist das Ende des Prozesses.

Das Verwirrende an der Alchemie sind die zahlreichen verschiedenen Namen. Es gibt keine einheitliche Nomenklatur. Jeder arbeitet mit verschiedenen Stoffen und benennt sie nach Belieben, da ihre chemische Beschaffenheit unbekannt war. Daher ist es fast unmöglich, die Prozedur nachzumachen. Das ist auch gar nicht nötig, weil das Wesentliche der philosophischen Alchemie aus Jungscher Sicht der begleitende unbewusste Prozess ist, und da die Alchemisten keine Psychologie kannten, versuchten sie sich ihm mit immer neuen Formulierungen anzunähern.

Es gibt eine schöne Jabir-Legende (P. Kraus: Alchemie, Ketzerei, Apokryphen im frühen Islam. R. Brague (Hrsg.) Hildesheim 1994, S. 61-62), die besonders heute aktuell ist, wo Psychopharmaka als das Elixir verkauft werden:

Eines Tages, nachdem mein Ruf in diesen Wissenschaften (=Alchemie) schon begründet war, befand ich mich bei Yahya ibn Khalid. Der hatte eine edle Sklavin, begabt mit Schönheit, Vollkommenheit, Wohlerzogenheit, Verstand und Fertigkeiten. Niemand (sonst) besaß eine solche Sklavin. Sie hatte wegen eines Unwohlseins, das sie in sich verspürte, ein abführendes Mittel getrunken. Das nahm sie aber heftig mit und sie erbrach so viel, dass man für einen Menschen ihrer Konstitution keine Rettung oder Heilung erwarten durfte. Das Erbrechen überkam sie so, dass sie überhaupt nicht mehr atmen noch sprechen konnte. Der Bote ging, es Yahya zu melden. Der sagte zu mir: "Mein Meister, was glaubst du, hilft dagegen?" Da riet ich ihm zu kaltem Wasser, das man über sie gießen sollte. Denn ich hatte sie nicht gesehen, und außerdem wusste ich für einen solchen Fall keine Heilung. Das half alles nichts. Als die Sache immer nur ärger wurde, forderte er mich auf, sie zu sehen. Ich sah sie fast tot, und ihre Kräfte waren sehr geschwächt. Nun hatte ich aber ein wenig Elixir bei mir, und davon gab ich ihr zwei Gran zusammen mit drei Unzen reinem Sauerhonig. Bei Gott und bei meinem Meister, ich musste mein Antlitz vor dem Mädchen verhüllen, denn in weniger als einer halben Stunde war ihre Vollkommenheit in noch weit höherem Maße, als sie sie früher besessen hatte, wiederhergestellt. Da warf sich Yahya vor mir nieder und küsste meine Füße. Ich sagte ihm: "Mein Bruder, tue das nicht!" Er aber fragte mich nach dem Nutzen des Mittels. Ich antwortete: "Nimm was ich davon bei mir habe. Es wird sicher in deiner Hand nicht wirken".

Das rechte Heilmittel in der Hand des falschen Mannes wirkt nicht, ist ein alter Spruch. Daher können wir nicht einfach den Naturvölkern ihre Heilmittel für unsere Zwecke entwenden.

Arab. iksir geht auf griech. Xerion zurück, was ein äußerliches Streupulver bedeutet. Es gewinnt erst in der Gabirischen Alchemie an Bedeutung. IBN UMAIL, der Jabir (lateinisiert Gabir) beeinflusst hat, sagt: "Er (= der Stein) ist beständig. Die Farben und Lichter haben sich in ihm vermehrt, auch wenn ihr es ihm äußerlich nicht anseht [...] und er ist lebendig. Er stirbt nicht und verbrennt nicht, denn das Feuer verbrennt ihn nicht und hat keine Macht und kein Mittel über ihn und über die Vermehrung der Farben dieses Elixirs, das ich dir genannt habe". (J. Vereno: Studien zum ältesten alchemistischen Schrifttum. Auf der Grundlage zweier erstmals edierten arabischer Hermetica. Berlin, K. Schwarz: 1992, S. 208).

Im arabischen Buch des Krates (M. Berthelot: La Chimie au Moyen Age. vol. III, p. 54. Réim-pression de l'édition 1893. Osnabrück, O. Zeller: 1967) heißt es: " [...] arbeitet bis das Produkt ein feuriges Gift wird". Gift ist griechisch iós, was lateinisch virus. Die feurige Präparation der Maria der Alchemistin ist in der lateinischen Alchemie des Mittelalters die medicina oder remedium. Später heißt es im gleichen Traktat: "Das, was färbt, ist das feurige und luftförmige Gift, das in den Körpern gefangen ist; es allein kann leicht eindringen und sich in den Körpern verbreiten" (a. a. O. p. 67)."Das Elixir wird von einem einzelnen Baum gewonnen, welcher im Westland wächst (Hesperiden)!. Er hat zwei Äste, die so hoch sind, dass wer immer von ihnen essen will, sie nur mit Mühe und Anstrengung erreichen kann [...] Die Blüte des einen der beiden ist rot und die Blüte des zweiten ist zwischen weiss und schwarz [...] Und dieser Baum wächst auf der Oberfläche des Ozeans wie die Pflanzen auf der Oberfläche der Erde. Wer immer von diesem Baum isst, dem gehorchen die Menschen und Geister; es ist auch der Baum, von welchem Adam nicht essen durfte und als er davon ass, wurde er aus seiner engelhaften in menschliche Gestalt verwandelt" (Abu 'l-Qasim Muhammad ibn Ahmad al-'Iraqî: Kitâb al-'ilm al-Muktasab [...] Book of Knowledge acquired concerning the Cultivation of Gold. E. J. Holmyard transl. Paris, P. Geuthner: 1923, p. 23). Wenn die Substanz beinahe ihre Vollendung erreicht hat, sagt Abu 'l-Quasîm, wird sie "Gift der Viper, goldener Sand, Diamant, roter Schwefel, Goldbaum, Purpur, der gefärbt wurde, Rubinstein, Vitriol der Könige, Rubin, das Eindringende und Magnesia genannt". (a. a. O. S. 54). Man sieht, wie ich oben bemerkt habe, wie verschiedene Namen das Elixir hat, die je einen seiner Aspekte ausdrücken. In einem anderen Traktat al-Kanz al-Afkhar (der herrlichste Schatz) sagt derselbe Autor (E. J. Holmyard. Isis 8, 403-426, 1926; p. 421), "die Namen des vornehmsten Steines, das heisst des Elixirs, sind der Unersetzliche, der Gegenstand der Suche der Weisen und Philosophen, ohne den ihr Verfahren nicht zum Abschluss gelangen kann ( [...]. Was seine Namen betrifft (sind sie): 1. al-kalb, der Hund, 2. al-'uqâb, der Adler, 3. al-kafûr, der Kampher, 4. al-asad al-bariyy, der harmlose Löwe, 5. al-mâ' al-tayyâr, das fliegende Wasser, 6. al-rakhîs, der Pfleger, 7. al-tiryâq, das Heilmittel (gr. Theriakç), 8. al-kibrit al-abyad, der weisse Schwefel, 9. samm al-ajsâd, das Gift der Metalle, 10. al-nasr al-tâ'ir, der fliegende Geier, 11. al-gharîb, der Fremdling, 12. al-samm al-nârî, das feurige Gift, 13. al-nûr, das Licht, 14. al-sharqî, das Quecksilber des Ostens, 15. ibn al-nâr, der Sohn des Feuers, 16. al-mâ al-jâmid, das geronnene Wasser, 17. al-ajjâj, das Brennende, 18. lu 'âb al-asad, das Gift des Löwen, 19. baul al-kalb, der Hundeurin, 20. baul al-fil, der Elefantenurin, 21. mâ al-ghamân, das Wasser der Wolken, 22. shams al-hukamâ, die Sonne der Philosophen, 23. sâbû al-hukamâ, die Seife der Philosophen, 24. al-shaitân, der Satan". Man muss sich einmal durch solche alchemistische Originaltexte beißen, um zu ermessen, welche Leistung an "extractio animae" C. G. Jung in der Alchemie geleistet hat. Die meisten schreiben heute einfach aus ihm ab und jonglieren mit den Begriffen. Erst wenn man erfasst, mit welcher Beharrlichkeit die Alchemisten darum gerungen haben, ihr Erlebnis eines Höchsten, Geheimnisvollen, das heilsam ist, in Worte zu fassen, versteht man ihre Ergriffenheit. Dann versteht man auch, dass diese Kostbarkeit schwer erreichbar ist. Im Werk von ibn 'Arabi: L'alchimie du bonheur parfait (St. Ruspoli trad. Paris, Berg: 1981, p. 31/32) heißt es: "Die Alchemie ist eine Naturwissenschaft, geistig, göttlich. Die Alchemie ist die Wissenschaft vom Elixir". In einer Anmerkung sagt der Herausgeber, es gibt zwei Wege der Anwendung: die ursprüngliche Vollständigkeit wiederherzustellen oder den Menschen vollständig (kâmil) zu machen. Die Araber hörten in ihrem Wort iksîr das Verbum kasara 'brechen' mit, weil es die niedrigen Formen zerbricht und sie in die vollkommene verwandelt (al. Djildaki). Die Herstellung des Elixirs ist das zentrale Anliegen der islamischen Alchemie, besonders des Corpus Djabirianum, weshalb ich hauptsächlich arabische Texte zitiert habe. Aus der arabischen ist es dann in die mittelalterliche lateinische Alchemie aufgenommen worden. Albert der Grosse (um 1280) spricht von einem gewissen alchemischen Elixir, durch welches die Metalle gewandelt werden. Aus der Alchemie wurde der Ausdruck später in die Medizin übernommen, wo sie die Bedeutung eines Allheilmittels (Panazee), zur Verlängerung des Lebens, erhielt.

Literatur: Im Text angegeben.

Autor: Ribi, Alfred