Stein der Weisen

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Keyword: Stein der Weisen

Links: Alchemie, Alchemie, Phasen der Diamant, Opus magnum Quintessenz, Selbst, Stein, Wandlung

Definition: Unter dem Stein der Weisen versteht man das Zielprodukt des alchemistischen Prozesses. Umgangssprachlich meint man damit die Quintessenz einer Sache, die endgültige Lösung für ein wichtiges Problem.

Information: Der Stein der Weisen (lapis philosophorum) ist die Zielvorstellung der Alchemisten für ihren Wandlungsprozess. Darüber gibt es natürlich ein ungeheures Material, das ich nur auszugsweise vorstellen kann. Aber er kommt nicht nur in der Alchemie vor, sondern zum Beispiel in der lateinischen Schrift "Alexandri Magni iter ad Paradisum" (12. Jh.), worin dem Alexander ein Stein beim Paradies gereicht wird, der einem menschlichen Auge ähnlich sieht und auf der Waagschale von keinen Schätzen der Welt aufgewogen werden kann, jedoch federleicht ist, wenn etwas Staub darauf gestreut wird.

Auch Christus wird als Stein verstanden, von dem Hrabanus Maurus (PL 107, 594 C) sagt: "Das Wasser des Jakob- Brunnens bedeutet Erkenntnis des Alten Testaments, welches ein Stein verschloss, weil der Buchstaben des Gesetzes ihren geistigen Sinn verschloss. Doch als Christus kam, wurde der Stein entfernt, weil der Schatten des Gesetzes durch die Predigt des neuen Testamentes beseitigt und die Wahrheit der Evangelien offenbar gemacht wurde".

Im arabischen Traktat "Silberwasser und Sternenerde" des Muhammad Ibn Umail (10. Jh.) zieht die Seele aus dem Stein das aus, durch was das Leben nach dem Tode wiederhergestellt wird. Wie Adam aus Staub geschaffen wurde und alle Menschen von ihm abstammen, so ist der philosophische Stein einer, und alle Dinge gehen aus ihm hervor und sind durch ihn.

Interpretation: Das alchemistische Rosarium philosophorum ist ein Kompendium, in welchem viele Aussagen über den Stein zusammengetragen wurden: "Unser Stein ist etwas animalisches, vegetatives und mineralisches" (S. 206)". Wie vielfältig auch seine Namen sind, handelt es sich doch nur um eine Sache" (S. 207)."Unser Stein besteht aus vier Elementen, und es besitzen ihn sowohl die Reichen wie die Armen, und er wird überall gefunden und gleicht allen Dingen und besteht aus Körper, Seele und Geist. Er wird von einer Eigenart in eine andere verwandelt bis zum letzten Grad der Vollendung" (S. 207)."Unser Stein ist im Gold und Silber geronnenes Wasser. Er schlägt das Feuer zurück und wird in seinem Wasser aufgelöst und aus ihm in seiner Art zusammengesetzt" (S. 208).

In seinen "Erinnerungen" (S. 230 f) beschreibt C. G. Jung, wie er zu "seinem Stein" kam, dem Stein, den die Bauleute verworfen haben und der zum Eckstein geworden ist (Ps 118, 22). Auf drei der vier Seiten hat er Inschriften und Bilder angebracht, in welchen der Stein über sich selber aussagt. Einige sind Zitate (Arnaldus de Villanova, Heraklit, Rosarium philosophorum), andere hat er den Stein über sich aussagen lassen. Ich bin dem nachgegangen, was sich Jung aus seiner alchemistischen Lektüre in den Excerptbänden notiert hat. Dabei stößt man immer wieder auf Paradoxa. Das ist natürlich, weil der Stein ein Symbol der Ganzheit ist, die alles enthält, auch den Gegensatz zu sich selber. Er wird überall gefunden, er wird von den Dummen verachtet und in den Dreck getreten, aber von den Weisen geliebt und hoch geachtet. Er ist eine Waise, die weder Vater noch Mutter hat. Er ist zunächst ein Greis und zuletzt ein Jüngling im Prozess. Er ist einer und drei zugleich. Er ist sterblich und unsterblich. Er hat tausend Namen, weil er unfassbar ist. Er stammt vom Himmel und aus der Tiefe. Sein Vater ist die Sonne, seine Mutter ist der Mond (Tabula Smaragdina). Seine Mutter ist eine Jungfrau, mit welcher der Vater nie geschlafen hat, weshalb er keusch empfangen wurde. Er ist auch wie ein Baum mit Blättern und Früchten, "durch den, für den, aus dem alles und der selber alles ist" (Seniorzitat). Er ist ein Stein, umgeben von einem Stein. Er ist im innerendes Menschen verborgen, ein Geheimnis, ein göttlicher Anhauch, durch göttliche Erleuchtung sichtbar und von unaussprechlichem Licht durchflutet. Er ist ein Mikrokosmos. Er ist ein feuriger Stein, der Göttliche Geist (Ruach Elohim). Er ist verborgen, kann mit den Sinnen nicht wahrgenommen werden, nur durch Inspiration und göttliche Offenbarung oder die Lehre der Weisen. Er ist wunderbar in seiner Empfängnis, in seiner Geburt, in seinem Namen, in seiner Gestalt, in seiner Erkenntnis, in seiner Wiedergeburt, kurzum in allem wunderbar (H. Khunrath).

Jung zitiert immer wieder den Ausspruch des Malus Philosophus: "Der Stein ist unter dir hinsichtlich des Gehorsams, über dir in Bezug auf die Herrschaft, daher von dir was das Wissen anbetrifft und um dich herum wie Gleiche".

Der Stein heißt auch Skorpion, das heißt Gift, weil er sich selber tötet und sich selber wieder belebt. Über den Eckstein (lapis angularis) haben sich die Alchemisten lange ausgelassen. Der Stein ist auch das ewige Wasser (Taufwasser). Er ist dem Gold eingeboren, er heißt auch "unser Gold", welches nicht das gewöhnliche Gold ist. Er ist das Heilmittel (medicina); wer es äußerlich trinkt, wird sterben, wer es innerlich nimmt, lebt und freut sich.

Das Symbol des Steines stimmt mit dem, was C. G. Jung als "Selbst" bezeichnet, überein. Als etwas Körperliches weist es darauf hin, dass es nicht nur eine geistige Idee, sondern etwas ist, das im Körper und der Materie verborgen ist.

Literatur: Standard

Autor: Ribi, Alfred