Ton (Klang)

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Keyword: Ton (Klang)

Links: Atem, Flöte, Geige, Leier, Musik, Ohr, Singen, Zahl

Definition: Ton von griech. tonos bedeutet „das Angespannte“ und bezieht sich auf Saiten und die menschlichen Stimmbänder. Klang (ahd. klank, klanges) ahmt den Schall nach (engl. clank Schall, Getöse).

Information: Töne und Klänge sind ein zentrales menschliches Phänomen und bewegen den Menschen seit jeher. Menschen sind mit einer Stimme begabt, um die verschiedensten Töne hervorzubringen. Schon früh in seiner Entwicklung hat der Mensch Instrumente gebaut, um ihnen Töne und Klänge zu entlocken. Diese jedoch stammen nach alter Vorstellung von den Göttern, die sie in mythischer Zeit geschaffen haben. Sie gelten als Bindeglieder zwischen der harmonikalen Ordnung des Kosmos und der menschlichen Welt.

Interpretation: Über die Töne nehmen wir (unbewusst) Zahlenverhältnisse wahr. Leibniz sagt: „Musik ist die verborgene Rechenkunst des Gemüts, das sich des Zählens nicht bewusst ist.“ Zahl (griech. arithmos) und Harmonie (griech. harmonia) haben die gleiche indogerman. Sprachwurzel (ar). Töne und Klänge spielen im religiösen Leben aller Völker eine zentrale Rolle. Sie beleben die Schöpfung. In der Rig-Veda ist der Klang der „Atem der Götter und Lebenskeim der Welt“. In der Bibel sind es der Atem Gottes und das Wort, die das Schöpfungwerk beleben.

Auch in der religiösen Praxis sind Töne und Klänge sehr bedeutsam. So wie sie die Schöpfung in Bewegung setzten und beleben, so sollen sie auch den Menschen bewegen, ihn anrühren, erschüttern, aufwecken (Gesang, Glocken, Orgeln, Gongs, Trommeln, Zimbeln, Posaunen u. s. w.). In Hinduismus und Buddhismus spielen Mantras, das sind Klangbilder, eine Rolle zur Vertiefung der religiösen Übung, z. B. die Ursilbe OM.

Es gibt Klänge und Töne, die wir nicht hören, entweder weil sie Frequenzen haben, die unsere Ohren nicht hören können, oder aber die seelisch (mit dem „inneren O.“ ) wahrgenommen werden wollen. Von den Klängen des Kosmos, die wir akustisch nicht hören können, spricht Goethe im Prolog zu Faust I: „Die Sonne tönt nach alter Weise / In Brudersphären Wettgesang [...]“. Der Kosmos scheint von gewaltigen Tönen und Klängen erfüllt. Viele Dichter sprechen von Klängen, die wir nur mit unserem seelischen Gehör wahrnehmen können. In Hesses „Glasperlenspiel“ z. B. erklingt Musik „ohne dass ein einziger Mensch in eine Flöte bläst oder eine Geige streicht“. Der Mystiker Jakob Böhme spricht vom (göttlichen) „Hall“, den er in der Seele hört. Diese Erfahrung hat eine verblüffende Entsprechung in der modernen Physik: Der amerikan. Physiker I. Bentov nennt den Ur-Knall einen „hallenden Schall“, in dem „alle nur möglichen Frequenzen enthalten sind“, einen „mächtigen Klang.., der eine unendliche Zahl von Interferenzmustern potenzieller Wesen und Ereignismatrizen“ erzeugt hat und weiter erzeugt (zit. aus Berendt 1985). Er beschreibt also einen gewaltigen, klingenden Schöpfungsprozess. Hier begegnen sich Religion, Tiefenpsychologie und Physik.

Töne und Klänge haben eine große Nähe zu den Farben. Wir unterscheiden Farbtöne und Klangfarben und kennen die chromatische Tonleiter.

In der analytischen Praxis begegnen wir Menschen, die Töne und Klänge, sowie seelische Schwingungen anderer wohl perzipieren, jedoch nicht apperzipieren, d. h. die sinnlichen Wahrnehmungen nicht in bewusste seelische Regungen (Gefühle) umwandeln können. Wenn Klänge sie wieder zu bewegen vermögen, hat eine psychische Verlebendigung stattgefunden und ihre Seele „klingt“ wieder. Es eröffnen sich neue Lebensperspektiven. Eine Patientin, die in einer schweren Beziehungskrise stand, imaginierte sich in einem zerfallenden Klosterhof. Sie fühlte, dass ihr ganzes bisheriges Leben und sie mit ihm starben (Nigredo). Da hörte sie den gregorianischen Gesang von Mönchen und war tief bewegt. Als sie das Kloster verließ, fühlte sie sich frei und nach vorwärts gewandt. Dieses innere Bild markierte einen Wendepunkt in ihrem Leben. Sie konnte sich neu orientieren.

Literatur: Standard; Behrendt, 1985, Daniel, 1991

Autor: Daniel, Rosmarie