Menstruationsblut

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Keyword: Menstruationsblut

Links: Blut, Ei, Menstruation, Schwangerschaft

Definition: Das hebräische Wort für Blut „dam“ bedeutet in indogerm. Sprachen „Mutter“ oder „Frau“, z. B. Dam, Damsel, Madam, la Dama, Dame, aber auch „Fluch/ Verdammung“.

Information: Die sumerische Große Mutter repräsentierte das mütterliche Blut und trug Namen wie „Damkina und Damgalnunna“. (Walker 1995, S. 701 f) Aus ihrem Bauch flossen die vier Flüsse des Paradieses, die manchmal Flüsse des Blutes genannt wurden. Ihr erstgeborenes Kind, der Erlöser war Damu, ein „Kind des Blutes“. Menstruation, Schwangerschaft, Geburt und Milchfluss (Wandlung des Blutes in Milch) gehören zu den Blutwandlungsmysterien des Weiblichen. (Neumann „Die Große Mutter, S. 45)

Interpretation: Mit Blut sind Leben und Tod verbunden. Nach Jung ist es „die Triebsubstanz, das Lebendige im Menschen“, das Feuer und Passion ausdrückt. (Jung, Seminare Kinderträume S. 31)

Entsprechend der Ambivalenz der Menstruation gegenüber wurde auch dem Blut, welches bei der Menstruation ausgeschieden wird, von jeher ambivalente Bedeutung zugemessen. Wahrscheinlich war die Menstruation der qualitative Sprung in der Evolution, der den Primaten zum Menschen werden ließ. Am Anfang der Menschwerdung war also der Blutfluss, dessen Bedeutsamkeit sich in einer reichen Symbolik entfaltete: In vielen Schöpfungsmythen entsteht Leben aus der Urmaterie des Menstruationsblutes, das die geheimnisvolle Magie der Schöpfung beinhalte, wie z. B. bei den neuseeländischen Maoris, die glaubten, dass menschliche Seelen aus dem Menstruationblut gemacht seien. In der Antike bestand die Vorstellung, dass menschliches Leben aus „Geronnenem“ des Menstruation blutes entstehe. Plinius nannte das Menstruation blut die „materielle Substanz der Fortpflanzung“. Diese Vorstellung von der pränatalen Funktion des Menstruation blutes wurde in europäischen Medizinfakultäten noch bis zum 18. Jahrh. gelehrt. Für die alten Völker im Osten wie im Westen barg Menstruationsblut den Geist höchster Autorität, denn es war das Medium der Fortpflanzung des Lebens von Sippe oder Stamm. Die Große Göttin „Ninhursag“ in Mesopotamien soll die Menschen aus Lehm (Ton, Lehm) gemacht haben und ihnen ihr Blut des Lebens eingeflößt haben, in dem in Ritualen Lehmpüppchen mit Menstruationsblut bestrichen wurden. Dieser Art Magie lag auch dem Name „Adam“ zugrunde, denn … „adamah“ bedeutet blutiger Lehm (auch rote Erde genannt). Lilith verließ Adam, um allein am „Roten Meer“ zu leben. In der Schöpfungsgeschichte des Korans wurden Menschen von Allah aus fließendem Blut gemacht. Die Mysten auf ihrer Prozession von Athen nach Eleusis banden sich einen purpurroten Faden um den linken Fuß. In Griechenland wurde Menstruationsblut als der übernatürliche rote Wein bezeichnet, den Hera in ihrer jungfräulichen Form als Hebe den Göttern reichte. Nach Plutarch sei der Mensch aus Erde gemacht. Die Kraft aber, die den menschlichen Körper wachsen lasse, sei der Mond, die Quelle des Menstruationsblutes. Es war das esoterische Geheimniss der Götter, dass ihre mystischen Kräfte der Langlebigkeit, Autorität und Kreativität aus dieser urweiblichen Essenz herrühre: Der germanische Gott Thor z. B. erreichte das magische Land der Erleuchtung und des ewigen Lebens dadurch, dass er in einem Fluss aus dem Menstruationsblut von Riesinnen badete. Odin stahl und trank das weise Blut aus dem dreifachen Kessel im Leib der Mutter Erde. Die Göttin Kali lud die anderen Götter ein, „im blutigen Fluss ihres Mutterleibes zu baden und davon zu trinken; und die Götter tranken in heiliger Gemeinschaft von dem Springquell des Lebens, badeten in ihm und stiegen glücklich zum Himmel auf.“ Walker, „Menstruation blut“ S. 699) Der indische Mythos nannte die heilige Flüssigkeit „Soma“, griech. „der Körper“, denn die östliche Wurzel des Wortes bezieht sich auf eine mystische Körpersubstanz. Soma war ein Anlass für große Ehrfurcht und unzählige Deutungen. Im Mythos soll Soma durch das Aufwühlen des Ur-Meeres entstanden sein (Kalis „Ozean von Blut“, manchmal auch „Meer von Milch“). Ägyptische Pharaonen wurden göttlich, indem sie „das Blut der Isis“ zu sich nahmen, eine Soma- ähnliche Ambrosia, die „sa“ hieß (Vulva). Ein gleichartiges Elixier der Unsterblichkeit hieß in Persien „amrita“, was immer mit dem Mond in Verbindung gebracht wurde, manchmal die Milch einer Muttergöttin, manchmal aber auch heiliges Blut war. Keltische Könige wurden dadurch zu Göttern, dass sie den roten Met tranken, den die Feenkönigin Mab spendete. Das keltische „ruadh“ bedeutete sowohl „rot“, als auch „königlich“. Die Bibel bezeichnete Menstruationsblut als die Blume (Levitikus 15, 24) und als Vorbotin der Frucht des Leibes (Frucht). Die chinesische Religion des Tao, „der Weg“, ging davon aus, dass ein Mann unsterblich (oder langlebig) werde, wenn er Menstruation blut, „den Roten Yin- Saft aus dem geheimnisvollen Torweg einer Frau zu sich nahm“, der die lebensspendende weibliche Energie symbolisierte. Im indischen Tantrismus wird im „Maithuna“, dem heiligen Geschlechtsverkehr die Vereinigung mit der Partnerin während der Menstruation angestrebt, da dann die rote sexuelle Energie auf dem Höhepunkt sei.

Die tantrische Verehrung des Menstruationsblutes drang schon vor der christlichen Ära in die griechsch- römische Welt ein, in der gnostischen Periode hatte sie sich allgemein durchgesetzt. Aus dieser Verehrung entstand die „agape“, das Liebesfest und die spirituelle Hochzeit wie auch die tantrische Yoni-Verehrung (der Synesaktismus, der Weg des Shaktismus), der schon vor dem 7. Jh. n. Chr. zur Ketzerei erklärt wurde. Menstruation blut nahm in matriarchalen Theologien eine zentrale Position ein und war damals „sacer“- „schrecklich heilig“. Das Wort Tabu, von dem polynesischen „tupua“ für heilig, magisch wurde insbesondere auf Menstruation blut angewandt.

Die mittelalterliche Dichtung und die Bewegung der höfischen Mine, die später mit Hexenkulten in Verbindung gebracht wurden, waren stark von der tantrischen Tradition beeinflusst, in der der Wein der Poeten und Weisen Menstruationsblut war. Der von Hexen im Mittelalter getrunkene Abendmahlswein soll Menstruationsblut gewesen sein. Von Hexen wurde gesagt, dass sie auf Eierschalen segeln, als Symbol für die Menstruation.

In patriarchalen Kulturen wurde Menstruationsblut von jeher mit Unreinheit und Schädlichkeit in Verbindung gebracht. Im Talmud heißt es, „wenn eine menstruierende Frau zwischen zwei Männern geht, wird einer sterben“. (Walker 1995, S. 705)

Geschlechtsverkehr mit einer menstruierenden Frau wurde bei den Brahmanen unter die gleiche Strafe gestellt wie für ein Mord. Die Gesetze von Manu besagten, dass ein Mann seine Weisheit, Energie, Sehkraft, Stärke und Vitalität verlieren würde, wenn er sich einer menstruierenden Frau nur näherte. Die persischen Patriarchen verglichen menstruierende Frauen mit Gift, die nicht in die Sonne schauen durften, in Wasser sitzen, mit einem Mann sprechen oder Altarfeuer ansehen. Plinius behauptete, die Berührung einer menstruierenden Frau könne die Früchte des Feldes vernichten, Wein sauer machen und Spiegel trüben. In christlichen Kirchengesetzen mussten noch 1684 Frauen während ihres „Flusses“ außerhalb des Kirchengebäudes bleiben. Noch im 16. Jh. bestand der Glauben, dass Dämonen aus Menstruation blut gemacht seien, so z. B. der sagenumwobene Basilisk mit seinem Verderben bringenden Blick.

Das Blut verkörpert nach alter, schon bei Moses geäußerter Ansicht das Lebensprinzip. Entfließt das Blut, entschwindet das Leben. Tod und Leben sind also mit dem Blut als Lebensprinzip eng verknüpft. Im Blut liegt die Seelenkraft. So verwundert es auch nicht, wenn in Schöpfungsmythen und in der Antike vermutet wurde, dass aus dem geronnenen Menstruation blut neues Leben entsteht.

Als natürliche, körpereigene Flüssigkeit des weiblichen Körpers, symbolisiert das Menstruationblut den natürlichen weiblichen Zyklus des Auf- und Abbaus der Schleimhaut innerhalb des Uterus, kann somit mit dem positiven Pol des Großen Mütterlich/ Weiblichen, mit den Aspekten von Fruchtbarkeit, Wachstum, Lebenserneuerung, aber auch weiblicher Sexualität und Sinnlichkeit in Verbindung gebracht werden, was vermutlich in matriarchalen Kulturen noch verstanden wurde und als Mysterium erlebt. In patriarchalen Kulturen hingegen, in denen insbes. die dunkle, instinkthafte, archaische Seite des Weiblichen keinen gebührenden Platz hat und verdrängt wird, wird das Menstruationsblut mit neg. Aspekten verbunden.

Literatur: Standard; Shuttle, Redgrove (1982); Voss (1993)

Autor: Kuptz-Klimpel, Annette