Reliquie

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Keyword: Reliquie

Links: Gott, Gottesbild Magie, Mana, Numinoses, Religion

Definition: Reliquien, (lat. reliquiae = Überreste), ist eine Bezeichnung die speziell im religiösen Bereich für Gegenstände aller Art, für Gebeine, Haare, Kleidungsstücke usw. verwendet wird, die von Verstorbenen übrig geblieben sind, insbesondere wenn diese als Heilige oder als Menschen mit besonderen Begabungen verehrt werden.

Information: In säkularer Form spricht man von Souvenirs, deren Wertschätzung naturgemäß stark schwanken kann, beispielsweise wenn die betreffenden Objekte einer bestimmten oder gerade herrschenden Mode unterworfen sind.

Interpretation: Auf den ersten Blick scheint es sich bei den Reliquien um Gegenstände zu handeln, die lediglich der Erinnerung dienen. Doch die allgemeine Religionsgeschichte (Religion) die die heutige kirchliche Praxis zeigen, dass es sich um mehr handelt bzw. dass man sich etwa als religiös verehrender Mensch der Gegenwart der betreffenden Person und seiner Segenskraft versichern will. Das geschieht in der Erwartung, dass ähnlich wie bei einem speziellen Amulett, Fetisch oder Talisman heilende oder Glück verheißende Kräfte von der betreffenden Reliquien ausgehen. Zugrunde liegt die Vorstellung einer Mana-Potenz, mit der der betreffende Gegenstand gleichsam geladen sei und die man sich in bestimmter Weise zunutze machen könne.

Die Aufbewahrungsorte von Reliquien werden im Christentum wie in nichtchristlichen Religionen als Zielorte für Wallfahrten ausersehen. Zwar suchen Einzelpersonen vor den Reliquien durch Gebet und Opfer die spezifische Segnung der betreffenden Heiligen zu erlangen, doch ist die Reliquien -Verehrung in der Hauptsache ein kollektives Geschehen. Aus diesem Grund kam es nicht selten zu mißbräuchlichen Handlungen, indem man die Gutgläubigkeit und Einfalt breiter Volksschichten ausnützte und als Reliquien erklärte, was augenscheinlich einer kritischen Prüfung nicht standhält, sondern lediglich dem Wildwuchs einer fragwürdigen "Volksfrömmigkeit" zuzurechnen ist. Unterstützt durch eine Fälscherindustrie großen Stils kam es einst zu einem regelrechten R-Handel. Das Bedürfnis, nicht nur einer frommen Tradition zu folgen, sondern historische Zuverlässigkeit zu gewinnen, gibt es von Fall zu Fall auch, etwa angesichts der Frage nach der Autentizität des Turiner Grabtuches, in dem man das Leichentuch vermutet hat, in das der Leichnam Jesu gehüllt gewesen sei.

Das frühe Christentum machte sich diese bis in vorchristliche Zeiten zurückreichende Praxis der Reliquien-Verehrung zu nutze und legte Reliquiare an, z. B. in Gestalt von Märtyrersarkophagen oder Reliquien-Schreinen, eine Entwicklung, die im Mittelalter in Blüte stand und bis heute das religiöse Brauchtum belebt. So wie die Sarkophage als Altäre dienten, genügt ein Altar in der römisch-katholischen Kirche nur dann den liturgischen Erfordernissen, wenn er eine Reliquie birgt. Entsprechendes gilt, wenn in einem nicht eigens geweihten Raum Gottesdienst gefeiert werden soll; da ist es nötig, daß für die Anwesenheit einer Reliquien gesorgt ist. Grundsätzlich sollen sich in der Kirche Akte der Volksfrömmigkeit so auch die der Reliquien-Verehrung auf Christus richten. Doch liegt auf der Hand, dass die leblosen Objekte einer betonten Heiligenverehrung gerade dieser Bestrebung im Wege stehen.

Literatur: Standard

Autor: Wehr, Gerhard