Heirat

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Keyword: Heirat

Links: Beziehung, Coniunctio, Eros-Prinzip, Hochzeit, Individuationsprozess, Mysterium coniunctionis, Sexualität

Definition: Öffentliches Bekenntnis zu einem gemeinsamen Leben und gegenseitiger Verantwortung unter Aufsicht und Zuspruch einer angesehenen Person oder Würdenträgers innerhalb eines Kollektivs.

Information: Die Zusammensetzung mhd., ahd. hirat (entsprechend aengl. hired) bedeutete ursprünglich „Hausbesorgung”, dann „Ehestand” und schließlich „Eheschließung”.

Interpretation: Frau und Mann gelten seit jeher als Urgegensätze. Heirat ist darum ein Ur-Symbol für die Vereinigung von Gegensätzen: coniunctio oppositorum. Auch der Individuationsprozess ist eine Verbindung von Gegensätzlichem. In Mythen erscheint diese auch als Coniunctio Solis et Lunae (Heirat von Sonne und Mond). Der romantische Dichter J. von Eichendorff (1788-1857) bringt die Vereinigung von Himmel und Erde in Verse: "Es ist, hätt’ der Himmel die Erde still geküsst…“. Hochzeitsfeiern leben heute noch vom mythischen Glanz der kosmischen coniunctio. Heirat verwandelt alltägliche Zeit in hohe Zeit - Hochzeit. Sie erhebt und öffnet für Archetypisches; man wird traditionell, feierlich, pompös oder kitschig; zum Largo von Haendel (1685-1759) fließen Tränen. Einst waren bei der Heirat nicht nur Verwandte und Freunde anwesend, sondern auch Ahnen und Götter. Es gab einen "Bund"; Ehe und Äon sind verwandt!

In der Regel heiraten sich Gegensätze: der introvertierte und der extravertierte, der intellektuelle und der gefühlsbetonte, der lebhafte und der ruhige, der warme und der kühle Typ, der Träumer und der Realist. Damit stellt sich die lebenslange Aufgabe, auch die andere Seite (die "bessere Hälfte") von sich selber zu integrieren: Die mit der Heirat vorerst unbewusst nach außen projizierte coniunctio oppositorum erfolgt dabei im eigenen Innern (Individuationsprozess), was die Beziehung zwischen den Ehepartnern entlastet. In der Regel läuft es in einer Ehe etwa so: Anfänglich ist jeder vom Andern fasziniert, passt sich diesem vor lauter Bewunderung an und lässt sich bewundern. Doch eines Tages entdeckt man, dass das Eigene zu kurz kommt. Dann beginnen Macht- und Revierkämpfe. Wenn nun die coniunctio nach innen verlegt wird, wird den Kämpfen die Spitze gebrochen, und die Symbiose weicht einer bewusst werdenden Beziehung.

Literatur: Standard

Autor: Kaufmann, Rolf