Gong

Aus symbolonline.eu
Version vom 19. Oktober 2023, 16:51 Uhr von Anlumue (Diskussion | Beiträge) (1 Version importiert)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Keyword: Gong

Links: Bios-Prinzip, Klangschale, Musik, Mystos-Prinzip, Ohr, Selbst, Ton, Transzendenz

Definition: Der Gong steht von Klang her in einer gewissen verwandtschaftlichen Beziehung zur Klangschale: in Abhängigkeit von Material, Bauweise und Durchmesser kann ein kleiner Gong ähnlich klingen. Allerdings ist das Klang-Volumen deutlich größer, reichhaltiger und mächtiger. Wie Klangschale, Rassel und Trommel hat auch der Gong seinen festen Platz in traditionellen Heilsystemen (vor allem im asiatischen Raum). Große Bedeutung hatte er ebenfalls im religiösen Kontext und in meditativen Praktiken.

Ein spezielles Charakteristikum des Klang-Raumes, den der Gong eröffnet, ist die Weite und die Tiefe in der Erfahrung: wird ein Gong angeschlagen, entfaltet sich ein mächtiges Klangspektrum, das von leisesten Vibrationen bis hin zu Ausbrüchen heftigster Intensität reicht.

Information: Heutzutage ist es nicht schwer, einen Gong zu erwerben: in Musikgeschäften, in Läden mit Waren aus der Dritten Welt und im musikalischen Versandhandel werden diese Instrumente angeboten. Wie auch bei allen anderen Instrumenten, die im therapeutischen Kontext angewandt werden, ist es von grundlegender Bedeutung, dass das Klangspektrum in gewisser Weise zu demjenigen passt, der das Instrument einsetzen möchte. Die einzelnen Instrumente unterscheiden sich in ihrem Klang sehr weiterreichend voneinander, insbesondere die Art und Weise, wie sich das riesige Klangspektrum entfaltet, kann sehr verschieden sein. In jedem Fall wird es notwendig sein, sich mit der Klang-Persönlichkeit des Instrumentes vertraut zu machen, um so sicherzustellen, dass die erwünschten Klangfarben zur Verfügung stehen. Prinzipiell sind solche Instrumente gut einzusetzen, die eine kontinuierliche Entfaltung der Obertöne ermöglichen. Besonders beim lauten Spielen ist es wichtig, dass harmonische Bezüge gegenüber disharmonischen Verzerrungen überwiegen, wenn der Gong therapeutisch eingesetzt wird.

Interpretation: In der psychotherapeutischen Anwendung kann eine Klang-Erfahrung mit dem Gong ein sehr intensives, aber auch ein sehr sanftes Erlebnis sein. Es hängt sehr von der Art und Weise ab, wie das Instrument gespielt wird: in der Regel hat sich bewährt, den Gong mit regelmäßigen, kontinuierlichen Pulsen zu schlagen, so dass sich das Klangspektrum allmählich öffnet. Die Klang-Farbe ist in hohem Maße davon abhängig, an welcher Stelle der Gong geschlagen wird, und mit welcher Intensität und natürlich mit welcher Art von Schlegel. Wenn der Spieler mit dem Instrument hinreichend vertraut ist, kann er die Tönung und Struktur des Klang-Teppichs durch die Schlagtechnik sehr fein gestalten und ausdifferenzieren.

Der Klang des Gongs kann sehr tragend, warm und beschützend erlebt werden. Diese Erlebnisse werden besonders dann geschildert, wenn tiefe Klangspektren deutlich mitklingen. Wird der Gong lauter und stärker angeschlagen, nimmt Fülle der Obertöne zu: es kommt zur immer intensiveren psychischen Erfahrungen, je nachdem, welche inneren Themen in Resonanz kommen. Steigert sich die Intensität des Klanges noch weiterer, kommt es schließlich zu einer teilweisen Desintegration der Klang-Strukturen, die zu Erfahrungen der Auflösung, Zersplitterung und Dissoziation führen können. Wenn daran anschließend wieder sanfter gespielt wird, können sich die Wahrnehmung-Splitter allmählich wieder zu einem harmonischen Ganzen zusammenfügen. So ist es über eine Gong-Erfahrung möglich, an und über die Grenzen der inneren Kontinuität zu gelangen und somit Übergangs-Erfahrungen zum Thema werden zu lassen.

Grundlegende Erlebnisqualitäten stellen hierbei den Hintergrund dar: früheste entwicklungspsychologische Muster der Wahrnehmung, sowie das Crescendo und Decrescendo einer Erfahrung, der kontinuierliche Wandel einer Erlebnisqualität in unterschiedlichen Facetten bis hin zum Auseinanderfallen einer erlebten Ganzheit und das anschließende Zurückfallen in die zuvor verlorene Ganzheit wären hier zu nennen. Stern (1985) hat diese Charakteristika von Erfahrungen als Vitalitäts-Affekte bezeichnet und sprach auch von proto-narrativen Hüll-Kurven, also von vorsprachlichen Gestalten der seelischen Wahrnehmung. Aus dem Gesagten wird deutlich, dass die Erlebnis-Qualität der Gong-Reise sehr intensiv sein kann und deswegen vom Therapeuten ein hohes Maß an Sensibilität verlangt: die Vorbereitung auf eine solche Erfahrung, die gut strukturierte Begleitung während der Gong-Sitzung und die sorgfältige und behutsame Nachbearbeitung und Integration der Erfahrung ist von immenser Wichtigkeit.

Literatur: Standard

Autor: Bolle, Ralf