Maschine

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Keyword: Maschine

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Definition: Die Maschine (entlehnt aus dem frz. machine, abgeleitet aus lat. machina [Maschine, Kunstgriff, List] stammend aus griech. mechane: Hilfmittel, Werkzeug; griech. mechanikos: Maschinen betreffend, erfinderisch) ist eine Vorrichtung, die dazu dient, Kraft zu erzeugen, Kraft auszuüben, zu verstärken und zu übertragen und dadurch Arbeit zu leisten (Arbeitsmaschine) oder eine Form der Energie oder Bewegung in eine andere zu überführen (Kraftmaschine).

Information: Die Maschine hilft dem Menschen, Arbeit zu verrichten, ohne seine eigene Energie zu verbrauchen. Grundlegende einfache Maschinen, die schon in der Antike erfunden, beschrieben und benutzt werden, sind Rolle, Rad, Hebel, Keil und Schraube. Aus ihnen werden unter Einsatz von Intelligenz, kreativem, Erfindergeist, Geschicklichkeit, Kraft und Mut komplexere Maschinen mit mehreren, beweglichen Teilen entwickelt, die zur leichteren Bearbeitung von Materialien und zur schnelleren Bewegung und Überwindung von Distanzen hilfreich sind.

Interpretation: Frühe Werkzeuge und erste Maschinen, wie der Webstuhl, werden mythologisch auf kulturheroische Aktivitäten oder göttliche Unterweisung zurückgeführt. Die alten Maschinen der Menschen und die Arbeit damit (weben, töpfern etc.) sind Göttern zugeordnet. Seit Entstehung der Hochkulturen sind menschliche Urheber von Maschinen bekannt, meist sind Wissenschaftler, Erfinder von Maschinen bzw. Mechaniker, die zur Entwicklung einer Maschine beigetragen haben, nicht zu trennen. Die Erfindung und Weiterentwicklung von Maschinen zeugt von technischer Fähigkeit des Menschen, von Intelligenz und von tricksterhafter List, von der Fähigkeit des Schwächeren, sich mit Klugheit und Kunstgriff gegenüber der Stärke der Materie, eines Gottes oder Teufels bzw. der Natur durchzusetzen.

Die Entstehung von sozialer Gruppe, Kultur und Technik finden mit der Weiterentwicklung von Werkzeugen zu Maschinen ihren Anfang, auch wenn es bis zur stählernen Maschine der Industrialisierung mit der dann erlebten extremen Entfremdung des Menschen von der Natur und sich selber durch die Maschinenarbeit noch weit ist. Maschinen ermöglichen in höherem Maße als Werkzeuge Erleichterungen bei Arbeiten an Gütern des täglichen Bedarfs, das Herstellen von Jagd- und Kriegswaffen, Transport und bringt deutlich nachhaltigere Einwirkungsmöglichkeiten.

Ge- und erfunden sind die einfachen Maschinen in der Antike, gewerblich weiterentwickelt werden sie vergleichsweise langsam. In Zeiten, in denen Sklaven leicht und billig zur Verfügung stehen, wie in der Antike, geht es nicht um wirtschaftliche Produktion von Konsumgütern mit Maschinen. Einfälle und Erfindungen werden noch nicht systematisch zur Technisierung und Automatisierung genutzt wie in der Neuzeit. Rationalisierung, also Einsatz der Maschine gezielt, planmäßig, zweckmäßig, systematisch zur Produktion von Gütern zu benutzen, ist dem Mittelalter mit seinen Erfindungen und Entdeckungen, der Renaissance mit ihren Künstleringenieuren, allen voran Leonardo Da Vinci, noch fremd.

Unter dem Aspekt des Weltentdeckens, des Wissens und der Wissenschaften, des Spielerischen, der Kunst (griech. techné, d. h. Handwerk, Kunst, Kunstwerk, Wissenschaft), der Philosophie, des Kunstgriffs und der Illusion ist die Maschine aber seit der Antike von hoher Bedeutung gewesen. Der lateinische Ausdruck "deus ex machina", d. h. Gott aus der Maschine, entstammt der Übersetzung eines Textes von Plato. Hintergrund der Redewendung ist das antike Theater, in dem in Krisensituationen mit Hilfe einer kranähnlichen Vorrichtung ein helfender Gott auf die Bühne schwebte. So konnte im richtigen Augenblick, in einer schwierigen Situation, eine unerwartete Lösung eines Problems auftauchen. Der Ausdruck spiegelt eine an Gott und die Maschine geheftete Sehnsucht nach Rettung in aussichtsloser Situation.

Automaten, sich selbst bewegende Maschinen, mit denen man Eindruck und Illusion erzielen kann, haben die Fantasien der Mechaniker, der Philosophen, Mathematiker, der Magier, der Könige und Herrscher der Antike und der nachchristlichen Jahrhunderte beschäftigt. Ein nach oben fahrbarer Thron wird im 14. Jh. in einem orientalischen Text beschrieben, Bäume mit singenden Vögeln in Asien. Solche Maschinen werden auf Jahrmärkten, im Theater und Volkstheater des Mittelalters und der Neuzeit gerne verwendet. Im 18. Jh. werden bewusst Stücke für diese Art zauberhaft-magisch erscheinender Sensationsmaschinen geschrieben (vgl. Mozarts Zauberflöte). Bis heute werden für Unterhaltung, Spiel, Illusion, Magie und Zauberei immer neue Spielmaschinen erfunden. Enormer Glaube an das Machbare, Neugier und Erkenntnisdrang, die Fähigkeit und Bereitschaft, kindlich-naiv zu spielen und zu staunen, der Glaube an Geheimnisvolles, an menschliche Schöpferkraft, Magie und Zauberei, die vor der kritischen Realitätsprüfung kommen, werden in einem solchen Umgang mit der Maschine spürbar.

In den mächtigen modernen Maschinen kann der Mensch sich als Demiurg spiegeln, doch die Beziehung Mensch und komplexe Maschine ist ambivalent: Die Maschine fasziniert und begeistert, ist Grundlage unseres Lebensstils, wird geliebt, gepflegt und ständig weiterentwickelt. Eine Auto-Maschine kann als "mein Baby" empfunden werden, die Küchenmaschine als unentbehrlicher Helfer im Alltag, die Motorrad-Maschine zum Symbol für Freiheit, Unabhängigkeit, Stärke. Aus dem alltäglichen Leben unserer ist die Maschine als Hilfsmittel nicht mehr wegzudenken. Durch die Arbeit der Maschinen gewinnt der Mensch eine enorme Verbesserung seiner Lebens- und Arbeitsbedingungen, entledigt sich zunehmend harter, gefährlicher und routineartiger "Sklavenarbeit", rückt in eine aktive und mächtige Position gegenüber seiner natürlichen Umwelt und kommt zu Wohlstand. Die Maschine ist Symbol dafür, dass es dem Menschen gelingt, sich mit Gottes Segen die Erde untertan zu machen (vgl. 1. Mose, 1, 28, Genesis), die Natur zu formen. Waren, Gesundheit, Schutz, Komfort, Bequemlichkeit, Mobilität u.v.a stehen mit zunehmender Maschinisierung zunehmend mehr Menschen zur Verfügung.

So wie sie geliebt wird, dem Menschen als Helfer und narzisstisches Symbol dient, so wird die Maschine auch gefürchtet, dämonisiert und gehasst als zerstörenden Waffe, als Symbol von Status, Macht, Kapital und Gewalt, als Vernichterin von Arbeit, als Abbild einer kalten, inhumanen, emotionslos gewordenen Welt des Machbaren, des Normierten, des patriarchal-heroischen Denkens. Menschen stehen ihr gegenüber im Konkurrenzdruck, müssen auch funktionieren. Diese Janusköpfigkeit gilt allerdings nicht nur für die Maschine, sondern für alles, was dem menschlichen Bewusstsein erlebbar ist.

Herkunft und Gebrauch des Wortes Maschine in der deutschen Sprache bezeugen die schon früh erlebte Ambivalenz gegenüber der Maschine und ihrem Einsatz: Der Begriff wird zuerst im Mittelalter verwendet, als man schweren Angriffs- und Verteidigungsgeräte wie etwa die Kanonen als Kriegsmaschine bezeichnet. Das militärische Potential eines Herrschers oder Staates wird bis heute als seine Kriegsmaschinerie bezeichnet. Wenn es zum Ausbruch eines Krieges kommt, wird die Kriegsmaschinerie in Gang gesetzt. Wenn Menschen sich Vorgängen ausgeliefert fühlen, die unübersichtlich, unbeeinflussbar, kalt, unmenschlich oder auch grausam erscheinen, haben sie das Gefühl, in die Maschinerie, in eine Mühle oder Räderwerk (z. B. der Justiz oder einer Behörde) zu kommen: Wenn eine solche Maschine läuft, ohne Moral, ohne Gefühl, ohne Denken, kann der Mensch sich unbedeutend, schwach, unterlegen, hilflos, ausgeliefert empfinden. Manchmal wird in solchem Zusammenhang auch vom Apparat gesprochen. Im Begriff Apparat ist eine ähnliche Bedeutungsvielfalt wie in Maschine eingeflossen: 1. technisches Gerät, Maschine; 2. Gesamtheit aller Hilfsmittel und Menschen, die für etwas gebraucht werden, Maschinerie; 3. System von Organen und Körperteilen, die für eine bestimmte Funktion gebraucht werden, z. B. Verdauungsapparat.

Vergleiche zwischen natürlichen Vorgängen und Maschinen gibt es viele. Freud spricht vom psychischen Apparat. Jung beschreibt das Symbol einmal als psychologische Maschine, mit deren Hilfe es der psychischen Libido ermöglicht aus dem Strombett des alltäglichen, der Gewohnheit, des Mechanischen und damit Unbewussten herauszutreten und Neues zu entwickeln.

Wenn Menschen funktionieren wie eine Maschine, dann sind sie seelenloser Automat. Andererseits ist es eine große Erleichterung, wenn Dinge mechanisch oder automatisch zu funktionieren beginnen, die gerade gelernt werden. Sie können dann sozusagen wieder vergessen, der unbewussten Energie überlassen werden und damit entsteht Kapazität für neues Lernen. Auf solcher Art mechanischer Vorgänge beruhen die meisten Dinge unseres täglichen Lebens, nicht nur die motorisch-praktischen, auch die geistigen und emotionalen Erfahrungen können so im Hintergrund weitgehend mechanisch zu unserer ständigen Orientierung, zu unserem Funktionieren beitragen. Sie sind unsere Funktionen, unsere geistigen und psychischen Maschinen. Manchmal merken wir diese Maschine, wenn wir "nicht abschalten" können.

Den Menschen und die Welt als eine Maschine aufzufassen, entspricht alten deterministischen Vorstellungen und philosophischen und psychologischen Theorien, die kausal und materialistisch vorgehen, wie das beispielsweise der frühe Behaviorismus oder die sog. Maschinentheorie tun. Letztere geht davon aus, dass der Organismus sich aus einer Anzahl kleinster Bio-Maschinen zusammensetzt. In der Kybernetik gilt, dass Systeme zur Kommunikation und Steuerung bei lebenden Organismen und bei Maschinen analog betrachtet werden können.

Im Blickwinkel der Mechanik sind menschlicher Organismus aber auch z. B. der Kosmos als Maschine, als Räderwerk deutlich. Das Herz wird zur Pumpe, man lässt Dampf ab, muss auftanken. Der Körper soll nicht ein warme und durchlässige Haut haben, sondern abgehärtet werden. Im faschistisch-totalitaristischen Hitlerdeutschland, das Kampfmaschinen braucht, soll ein Körper "hart wie Kruppstahl" sein. Nach Ablösung der Rechenmaschine durch den Computer im Informationszeitalter wird der Organismus zur Hardware, der mit entsprechender Software Informationen verarbeitet. Wie das ständig im Ausbau begriffene World-Wide-Web, so ist auch das Gehirn nun ein Netzwerk mit hoher Plastizität und scheinbar ständig zu Auf- und Abbau von Verknüpfungen fähig.

In solchen Wortbildungen zeigt sich die Faszination, die von Maschinen auf das menschliche Bewusstsein ausgeht. Der Mensch sieht sich in ihnen gespiegelt, nimmt sich beim Bau der Maschine die Natur und sich selbst zum Vorbild, trachtet - wie ein kleiner Schöpfergott - danach, mit seinen Maschinen die Natur und sich zu verstehen, neu und künstlich zu rekonstruieren und zu verbessern. Die entstehende Maschine wird im Gegenzug anthropomorphistisch besetzt. Puffing Billy heißt eine der ersten Lokomotiven. Der Bagger ist eine große Schaufel des Bauarbeiters, der Kran hat einen Arm, der auch der verlängerte Arm des Kranführers ist. Maschinen haben Gelenke, Flugmaschinen werden Insekten und Vögeln nachempfunden. Wie das Gedächtnis und wie das menschliche Haus, so hat auch der Computer einen Speicher.

Im Bau von Maschinen wird Natur- und Selbsterkenntnis möglich. In der Medizin können Maschine die Funktion von Organen übernehmen, der Einsatz von Maschinen wie der Herz-Lungen-Maschine sind nicht mehr wegzudenken und zur Zeit sind in Zusammenarbeit von Medizin und Neurobiologie mit Computern Neuroprothesen in Entwicklung, die den Ausfall von Sinnen kompensieren sollen.

Möglicherweise steckt hinter dem Bau solcher Maschinen letztlich das alchemistische Suchen nach Unsterblichkeit oder ewiger Jugend. Andererseits ist Apparate-Medizin ein abwertender Ausdruck für die äußerst wirkungsvolle Intensivmedizin, der vorgeworfen wird, sie produziere Zombies. Ebenso abwertend und angstbesetzt wird mit Blick auf die Transplantationsmedizin vom Ersatzteillager Mensch gesprochen. Die uralte Idee des künstlichen Menschen (z.B. im Golem, Pygmalion oder Roboter) bekommt durch die Maschine eine neue Dimension: Maschinenmenschen, Androiden (wie Menschen aussehende und sich verhaltende Roboter) und Mutanten (genetisch veränderte Lebewesen) halten Einzug in die Fiktion des 20. Jhs. und können uns menschlich, als ein Gegenüber, erscheinen, wie in den Filmen der Star Wars-Reihe oder auch im Terminator.

Die realen Maschinen, in ihren Möglichkeiten und in ihrer Differenziertheit schon erstaunlich genug, werden in utopischer, fiktiver und phantastischer Literatur, in -Filmen und Computerspielen mit immer neuen Maschinenfantasien noch übertroffen. Die alte Utopie, es könnte ein Perpetuum mobile erfunden werden, also eine Maschine, mit der ohne weiteres Zuführen von Energie fortlaufend Arbeit verrichtet werden könne, wird von I. Newton und Leibniz überprüft und für unmöglich befunden. H. G. Wells beschreibt 1895 in seinem Roman "Die Zeitmaschine" eine fiktive Maschine, die danach in unzähligen Science Fictions des 20. Jhs aufgegriffen wird. Blinkende Wunder- und Zaubermaschinen können in diesem Genre in immer neuen Formen generiert und bewundert werden. Das spielerische, kindlich-naive und zukunftsgläubige Verschränktsein von Alltag, Mensch und Maschine wie auch die kalt-starrende, gewalttätige, destruktive, kaputte Maschine, die der Albtraum des Menschen werden inszeniert. Wenn die Maschine destruktiv wird, entweder als Werkzeug des Bösen oder indem sie einen qualitativen Sprung macht und sich verselbstständigt, ungehorsam wird, eigene Ziele verfolgt, strebt sie die Macht über den Menschen und die Erde an. Dann helfen nur noch menschliche Reflexion und Fantasie, menschliche Emotionen und Sinne, Liebe, Mut und selbstloses Verhalten, Intuition, Fähigkeiten über die künstliche Intelligenz nicht verfügt.

Zu Beginn des 20. Jhs werden z. B. für F. Langs "Metropolis” und in C. Chaplins "Moderne Zeiten” imposante Maschinen mit vielen drehenden Rädern und riesigen Ausmaßen zur Requisite, um die Überlegenheit der Maschine gegenüber dem Menschen und ihre destruktive Wirkung auf ihn zu zeigen: Die Maschine als vom natürlich-menschlichen entfremdend, als Werkzeug des Bösen, als bedrohliche, verschlingende Macht, ein wahrer Moloch. Langs und Chaplins gesellschaftskritische Filme betonen die dunkle Seite der Maschine, in einer Zeit des beginnenden Totalitarismus und eines starken Glaubens an die segensreiche Wirkung von Maschinisierung und Automatisierung, in der das Menschliche unterzugehen droht. Und: Menschen werden zu Kampfmaschinen des Bösen, zu seelenlosen Maschinen oder Automaten und verlieren dadurch jede Menschlichkeit.

Die Maschinen des Informations- und Kommunikationszeitalters sind nicht mehr von Zahnrädern, Hebeln und Lärm geprägt und sichtbar von Mensch oder Tier, Dampf und Verbrennungsmotoren angetrieben. Sie basieren auf kaum noch sichtbarer Elektronik, Mikro- und Nanotechnologie: Die grundlegende Ambivalenz, die der Mensch gegen seine Maschinen hat, hat sich bis heute dadurch nicht verändert. Der moderne Mensch des beginnenden 21. Jhs. ist sich möglicherweise mehr als der Mensch der Industrialisierung und des 20. Jhs. bewusst, wie sehr er seinen elektronischen, datenverarbeitenden Informations-Maschinen ausgeliefert, wie sehr er auf sie angewiesen ist.

Im Grunde verbildlicht eine Maschine, wie der Mensch mit seinem Potential an kreativer theoretischer und praktischer Intelligenz in der Materie und in ihm schlummernde Möglichkeiten so miteinander verbinden kann, dass er über sich hinauswachsen kann. Gleichzeitig zeigt sie ihm, was für ein wunderbarer Organismus er selber schon ist und wie viel schöpferisches Potential in ihm und in seiner Welt schlummert. In der Beziehung zwischen Maschine und Mensch ist die alchemistische Weisheit "wie oben so unten, wie innen so außen" wiederaufgenommen. Der Mensch findet sich in seinen Taten gespiegelt, und er gestaltet die Welt nach seinem Bild.

In der Angst vor den Maschinen spiegelt sich vielleicht ähnlich wie in Goethes Zauberlehrling ein Ich, das Angst bekommt, Kräfte, die seine eigenen übersteigen, nicht beherrschen zu können, ihnen ausgeliefert zu sein. Die Maschine lässt den Menschen über Kräfte und Energien verfügen, die seine eigenen bei weitem übersteigen, obwohl er die Maschine selber erzeugt hat und steuert. Beim Einüben in den Umgang mit einer neuen Maschine, etwa bei den ersten Fahrten mit einem neuen Auto oder einem neuen Motorrad - besonders, wenn es sich um eine schwere Maschine handelt, kann jeder das noch spüren. Gerät sie außer Kontrolle, geht sie mit ihm durch, so wie auch Pferde oder Triebenergien mit einem durchgehen können, dann kann die Maschine ihn schwer beschädigen oder gar zerstören. Ein Augenblick der Unachtsamkeit genügt. Der Umgang mit den Maschinen kann deswegen und auch, weil wir ihre komplexe Technik meistens nur ansatzweise verstehen, ein gesteigertes Kontrollbedürfnis auslösen und in dessen Verkehrung eine verstärkte Angst, von der Maschine kontrolliert oder versklavt zu werden.

Der Umgang mit Computer und Internet als den neuen, unübersichtlichen, schwer verständlichen Maschinen löst solche Fantasien besonders leicht aus. Auch die möglich werdende zunehmende Verkleinerung der Maschinen mit Hilfe der Mikro- und der Nanotechnik trägt dazu bei, dass das Gefühl einer unsichtbaren und deswegen unkontrollierbaren Gefahr entsteht. Die Art und Weise, wie Maschinen in der modernen Lebenswelt "im Schafspelz" daherkommen, sich wie ein Netz ausbreiten und scheinbar unentbehrlich werden, kann bei pessimistischer Sicht etwas verführerisch Teuflisch-Dämonisches haben oder auch an eine Lawine erinnern, die die gesamte menschliche Zivilisation und mit ihr alles Leben auf der Erde in den Abgrund reißen könnte.

In "Das Wandlungssymbol in der Messe" (GW 11, §440ff) weist C. G. Jung darauf hin, dass die mythologisch-symbolisch anmutende Sprache des Unbewussten, so wie Menschen sie z.B. in Träumen erfahren, sich der Bilder der jeweiligen Lebensrealität bedient und dass die Inhalte des Unbewussten sich auf die Themen der Alltagswelt projizieren. Maschinen, wie sie in der Werbung, in bildender und gestaltender Kunst, in Comic, Literatur, Film, Computerspiel gezeigt werden oder Maschinen, die uns in unseren Träumen begegnen, sind Ausdruck von und Projektionsfläche für menschliche Bedürfnisse, Affekte, Emotionen, Komplexe und Archetypen. Die Maschine ist nicht nur ein Aspekt der Außenwelt und der Anderen, sondern auch ein Aspekt in uns: Wir können seelenlos wie ein Automat sein, uns bewegen wie eine Maschine, wie eine Dampfwalze über alles hinwegwalzen, präzise funktionieren wie ein Uhrwerk, unsere Arbeit nur noch machen wie Fließbandarbeit, uns fühlen wie ein Rädchen im Getriebe oder wie in einer Schraube ohne Ende. Es kann eine Schraube bei uns oder bei anderen locker sein. Vielleicht möchten wir mit dem Maschinengewehr auf den Nachbarn losgehen, der am Samstagnachmittag seinen Rasen mäht.

Maschinen, die uns ängstigen, die uns verfolgen, die wir ablehnen, können psychisch eine ähnliche Bedeutung haben oder auf eine ähnliche Konfliktkonstellation hinweisen wie z.B. drachenartige Ungeheuer, verschlingende Monster. Angstbesetzte oder auch phobische Reaktionen auf Maschinen, etwa auf das Auto oder andere Verkehrsmittel, können - wie phobische Reaktionen auf Spinnen etc. - mit Bildern aus der persönlichen Lebensgeschichte und mit archetypischen Ängsten und Bildern verbunden sein. Die Maschine kann Zeichen von Entfremdung sein kann, Ausdruck eines abstrakten, überheblichen heroischen oder patriarchalen Denkens beim Individuum oder im Kollektiv. Sie kann darauf verweisen, dass natürliches Leben gestört oder unmenschlich geworden ist, aber auch zum Spielerischen der Maschinen des Anfangs zurückführen. Sie kann wie alles, was uns in unserer Welt begegnet, als vieldeutiges und numinoses Symbol des Unbewussten fungieren, das fasziniert und erschauern lässt (fascinosum und tremendum), wenn es in das Bewusstsein einbricht. Als Symbol ist die Maschine transzendent, bewusstseinserweiternd bzw. -wandelnd und prospektiv-final wie jedes andere individuelle oder kollektive Bild, das in der Seele auftaucht und Menschen bewegt.

Literatur: Standard

Autor: Müller, Anette