Gast und Gebet: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Keyword:''' Gast
'''Keyword:''' Gebet


'''Links:''' [[Abendmahl]], [[Haus]], [[Nahrung]], [[Waschen]]
'''Links:''' [[Gottesbild]], [[Imagination]], [[Meditation]], [[Selbst]]


'''Definition:''' Gast, Gastfreund (germanisch gastiz "Fremdling", gotisch gasts - ahd. gast "Fremdling", vgl. engl. guest) Bezeichnet allgemein einen fremden Menschen, der zur Teilnahme einer gemeinsamen Tätigkeit eingeladen ist. Hierbei handelt es sich zumeist um ein gemeinsames Essen oder die Beherbergung. In diesem Sinne ist der Gast auch der Gastfreund, welcher der ursprüngliche Sinn und kulturelle Zusammenhang des Gastes ist ([[Freundschaft]]).
'''Definition:''' Gebet (mhd. gebet, ahd. gibet, zu bitten) ist ein (lautes oder schweigendes) Sprechen mit einer göttlichen, jenseitigen, imaginären, inneren oder unbewussten Instanz (z. B. Engel, Heilige, Verstorbene, Herz, inneres Selbst), um zu verehren, zu danken oder um etwas zu bitten.


'''Information:''' Der Gast bzw. die Gastlichkeit symbolisiert sich in einladenden Gesten, in denen der Fremde den Status des Gastes erlangt, sowie in danksagend-verehrenden Gesten, in denen der Fremde den Status des Gastes erbittet. Hierin demonstriert sich die Heterogenität des Gasts, die als die des Eigenen und des Fremden verstanden werden kann. Zeigt sich der Gast zunächst als der Fremde, wird er dadurch, dass er Gast wird, als Aspekt des Eigenen anerkannt. In diesem Sinne begegnet sich der Gastgeber durchaus selbst in seinem Gast und lädt sich geradezu selbst ein. Erwähnenswert ist neben dem geladenen Gast insbesondere der ungebetene und ungeladene Gast, dem jedoch aus kultureller Konvention heraus nach seinem Auftreten der Gaststatus nicht versagt werden kann. Dies verweist sowohl auf die Schutzpflicht des Gastgebers als auch auf den unpersönlichen Charakter des Gaststatus, der bei Einhaltung entsprechender Regeln ohne Ansehen der Person gewährt wird. Dies bedeutet nicht, dass nicht nach dem Woher und Wohin gefragt würde.
'''Information:''' Das persönliche Gebet war einst der intime Kern der Religiosität. Es ist ein archetypisches Phänomen; auch die Unterscheidung zwischen gebundenem und freiem Gebet ist überall anzutreffen. Beispiele für gebundene Gebete sind im Christentum das Vater Unser, der Rosenkranz, das Kyrie Eleison der Ostkirche sowie viele Liedstrophen des Gesangbuches oder die Meditation von Bruder Klaus (1417-87): "Mein Herr und mein Gott, nimm alles von mir, was mich hindert zu dir; mein Herr und mein Gott, gib alles mir, was mich fördert zu dir; mein Herr und mein Gott, nimm mich mir und gib mich ganz zu eigen dir." Neben dem persönlichen Gebet wird in allen Religionen auch das kollektive Gebet gepflegt; jede Ritengemeinschaft hat einen Stock allgemein bekannter Gebete. Gemeinsam laut vorgetragen, verleihen sie Halt und Geborgenheit, sowohl in der Gruppe der Gläubigen wie auch bei den himmlischen Heerscharen. Das Gebet war eine Quelle von Kraft und Zuversicht. Vor einer Schlacht knieten die Alten Eidgenossen nieder, breiteten ihre Arme weit aus und riefen die Himmelskönigin um Hilfe an (wegen dieser Gebärde spottete man, sie hätten eine "Klafter-Religion"). Das Gebet verlieh ihnen Bärenkräfte; danach waren sie Berserker, die nichts in der Welt vor wildem Dreinschlagen zurückhielt.


Bereits in mythisch-rituellen Kulturen findet sich der Status des Gastes. In der Unterwerfung des Gastes unter bestimmte Regeln verpflichtet er den Gastgeber auf dessen Schutz und Beherbergung.
Auch der Papst dachte ähnlich über das Gebet, schrieb er doch den Sieg der Christen gegen die Türken in der Seeschlacht von Lepanto am 7. Oktober 1571 der Wirkung des [[Rosenkranz]] -Gebetes zu; deswegen wird der 7. Oktober in der kath. Kirche bis heute mit einem Gedenktag gefeiert. Man betete einst vor allen wichtigen Anlässen um Kraft von oben; Sportler bekreuzigen sich heute noch am Start. In der Bibel ist Mose ein gewaltiger Beter: In der Schlacht gegen die Amalekiter siegt Israel so lange, als er seine Arme gen Himmel zu erheben vermag; sobald er sie sinken lässt, erhält Amalek Oberhand. Darum stützen Aaron und Hur die Arme des Moses, und Israel siegt bis zum Sonnenuntergang (2. Mose 17, 11-12). Eine andere Atmosphäre schafft die Anweisung Jesu zum Gebet: "Wenn du betest, geh in dein Kämmerlein, wo du allein bist, und schließe die Türe zu und bete im Verborgenen zu deinem Vater im Himmel" (Matthäus 6, 6).


In griechischer Mythologie wacht Zeus über die Gastfreundschaft und die Einhaltung ihrer Regeln. In der Genesis des Alten Testaments verpflichtet die Gastfreundschaft sogar tiefer als die Vaterschaft. Neben der privaten oder familiären Beherbergung gab es bereits in der Antike Gasthäuser für Fremde und Reisende (Xenodochien), die später v. a. den Klöstern zugeordnet waren und sich schließlich allgemein Bedürftigen zuwandten. Hieraus gingen die Hospitäler/Spitäler/Hospize und somit sowohl die heutigen Krankenhäuser als auch die klassischen Herbergen, Restaurants und Hotels hervor.
'''Interpretation:''' Was ereignet sich beim Gebet? Im archaischen [[Weltbild]] stellte man sich vor, man bete zu jenseitigen Wesen. Mit dem Wegfall des Jenseits wird das Gebet sinnlos. Dies ist der Grund, warum heute viele moderne Menschen das Gebet nicht mehr pflegen. Ist das Gebet als innere Zwiesprache zu verstehen? Zwiesprache mit wem? Viele sind ratlos. Dazu gehört, dass die moderne Theologie große Denker, aber nicht große Beter hervorgebracht hat ([[Glauben]]). Die Tiefenpsychologie erkennt im Du, das einst als äußeres Gegenüber zum betenden Ich vorgestellt wurde, das Innerste Du, das [[Selbst]], die Führungsinstanz im Unbewussten. Das Gebet belebt nicht mehr den Pendelverkehr zwischen Himmel und Erde, sondern die Ich-Selbst-Achse. Die alten spirituellen Schulen verfügen über ein nach wie vor wichtiges Knowhow zur Belebung dieser Beziehung; ihre praxis pietatis ist immer noch bedenkenswert, insbesondere "das immerwährende Gebet", die Bemühung, stets mit dem Selbst in Kontakt zu bleiben. Ein zeitgemäßer Ersatz für das persönliche Gebet ist die Aktive Imagination, wie sie in der Analytischen Psychologie genutzt wird.


'''Interpretation:''' Neben dem Ablegen der (wärmenden) Reisekleidung, dem Angebot von Wasser zum Trinken und Obdach, galt insbesondere im Mittelalter das Waschen der Füße als auszeichnendes Symbol, jemanden als Gast aufzunehmen. Auch heutzutage gilt es als gastlich, sich zunächst den "Reisestaub" abzuwaschen (z. B. Schuhe abtreten, Handschuhe ausziehen, Hände waschen) sowie Kopfbedeckungen, Jacken und Mäntel abzulegen. Umgekehrt bittet der Fremde um die Aufnahme als Gast, indem er den Gastgebern seine Verehrung ausspricht. Dies kann bis zu Geschenken reichen (z. B. Blumen, Mitbringsel). Als wichtigstes Symbol der Gastfreundschaft kann aber wohl weiterhin das Anbieten von Getränken und gemeinsame Trinken (Begrüßungstrunk, Bescheid tun) und insbesondere das gemeinsame (Gast-)Mahl (hier wäre der Begrüßungstrunk dann der Aperitif) angesehen werden. Das Gastmahl (grch. symposion), bei welchem gemeinsam Wein getrunken und auch – insbesondere in der römischen Form – gegessen wurde, war zugleich Ort und Ritual dialogischen – sokratischen – Gesprächs. In seiner frühchristlichen Form fand sich dies als Liebesmahl (grch. agape), in welcher sich der irdische Christ als geliebter Gast Jesu feierte. In der christlichen Symbolik findet sich dies insbesondere als Abendmahl bzw. Eucharistie, in welcher in Wiederholung des letzten Gastmahles Jesu mit seinen Jüngern die christliche Verehrung Gottes und dessen ursprüngliche Liebes- und Rettungsintention gefeiert wird. Auch wenn der Christ sich nicht als Gast Gottes versteht – obwohl die Eucharistie im "Haus Gottes" (Gotteshaus, [[Kirche]]) gefeiert wird –, sondern sich als dessen Geschöpf begreift und erlebt, kann die Gastlichkeit der Eucharistie kaum übersehen werden. Insgesamt kann die Feier als höchstes Symbol der Gastfreundschaft angesehen werden. Auch in professionellen Gasthäusern wie den Hotels ist der Gaststatus an das Einhalten bestimmter Regeln gebunden (Hausordnung, Zahlungsverpflichtung) und kann wechselseitig durch einladende Gesten ("auf Kosten des Hauses") und Dankbarkeitsbezeugungen ("Trinkgeld") vertieft werden. Im antiken Griechenland ist zudem das "symbolon" (grch. Erkennungszeichen) die in zwei Teile zerrissene Marke, mit der Gastgeber und Gastfreund sich für später füreinander identifizierbar machen ([[Abschied]]).
Ein besonderes Problem bildet die Fürbitte für Andere: Ist sie noch sinnvoll, wenn das Gebet nicht mehr über einen äußeren "Satelliten" erfolgt, sondern in der Zwiesprache mit dem eigenen Seelengrund? Langjährige Erfahrung zeigt, dass positives Gedenken nach wie vor sinnvoll erscheint; es verändert unsere innere Einstellung zum Mitmenschen und zur Umwelt, welche sich über unbewusste lebendige Kanäle vielfach auswirkt.


'''Literatur:''' Standard
'''Literatur:''' Standard; Kaufmann, R. (1989): Das ewig Christliche; Obrist, W. (1993): Tiefenpsychologie und Theologie.


'''Autor:''' Schlimme, Jann; Te Wildt, Bert T.
'''Autor:''' Kaufmann, Rolf

Version vom 10. Dezember 2011, 14:04 Uhr

Keyword: Gebet

Links: Gottesbild, Imagination, Meditation, Selbst

Definition: Gebet (mhd. gebet, ahd. gibet, zu bitten) ist ein (lautes oder schweigendes) Sprechen mit einer göttlichen, jenseitigen, imaginären, inneren oder unbewussten Instanz (z. B. Engel, Heilige, Verstorbene, Herz, inneres Selbst), um zu verehren, zu danken oder um etwas zu bitten.

Information: Das persönliche Gebet war einst der intime Kern der Religiosität. Es ist ein archetypisches Phänomen; auch die Unterscheidung zwischen gebundenem und freiem Gebet ist überall anzutreffen. Beispiele für gebundene Gebete sind im Christentum das Vater Unser, der Rosenkranz, das Kyrie Eleison der Ostkirche sowie viele Liedstrophen des Gesangbuches oder die Meditation von Bruder Klaus (1417-87): "Mein Herr und mein Gott, nimm alles von mir, was mich hindert zu dir; mein Herr und mein Gott, gib alles mir, was mich fördert zu dir; mein Herr und mein Gott, nimm mich mir und gib mich ganz zu eigen dir." Neben dem persönlichen Gebet wird in allen Religionen auch das kollektive Gebet gepflegt; jede Ritengemeinschaft hat einen Stock allgemein bekannter Gebete. Gemeinsam laut vorgetragen, verleihen sie Halt und Geborgenheit, sowohl in der Gruppe der Gläubigen wie auch bei den himmlischen Heerscharen. Das Gebet war eine Quelle von Kraft und Zuversicht. Vor einer Schlacht knieten die Alten Eidgenossen nieder, breiteten ihre Arme weit aus und riefen die Himmelskönigin um Hilfe an (wegen dieser Gebärde spottete man, sie hätten eine "Klafter-Religion"). Das Gebet verlieh ihnen Bärenkräfte; danach waren sie Berserker, die nichts in der Welt vor wildem Dreinschlagen zurückhielt.

Auch der Papst dachte ähnlich über das Gebet, schrieb er doch den Sieg der Christen gegen die Türken in der Seeschlacht von Lepanto am 7. Oktober 1571 der Wirkung des Rosenkranz -Gebetes zu; deswegen wird der 7. Oktober in der kath. Kirche bis heute mit einem Gedenktag gefeiert. Man betete einst vor allen wichtigen Anlässen um Kraft von oben; Sportler bekreuzigen sich heute noch am Start. In der Bibel ist Mose ein gewaltiger Beter: In der Schlacht gegen die Amalekiter siegt Israel so lange, als er seine Arme gen Himmel zu erheben vermag; sobald er sie sinken lässt, erhält Amalek Oberhand. Darum stützen Aaron und Hur die Arme des Moses, und Israel siegt bis zum Sonnenuntergang (2. Mose 17, 11-12). Eine andere Atmosphäre schafft die Anweisung Jesu zum Gebet: "Wenn du betest, geh in dein Kämmerlein, wo du allein bist, und schließe die Türe zu und bete im Verborgenen zu deinem Vater im Himmel" (Matthäus 6, 6).

Interpretation: Was ereignet sich beim Gebet? Im archaischen Weltbild stellte man sich vor, man bete zu jenseitigen Wesen. Mit dem Wegfall des Jenseits wird das Gebet sinnlos. Dies ist der Grund, warum heute viele moderne Menschen das Gebet nicht mehr pflegen. Ist das Gebet als innere Zwiesprache zu verstehen? Zwiesprache mit wem? Viele sind ratlos. Dazu gehört, dass die moderne Theologie große Denker, aber nicht große Beter hervorgebracht hat (Glauben). Die Tiefenpsychologie erkennt im Du, das einst als äußeres Gegenüber zum betenden Ich vorgestellt wurde, das Innerste Du, das Selbst, die Führungsinstanz im Unbewussten. Das Gebet belebt nicht mehr den Pendelverkehr zwischen Himmel und Erde, sondern die Ich-Selbst-Achse. Die alten spirituellen Schulen verfügen über ein nach wie vor wichtiges Knowhow zur Belebung dieser Beziehung; ihre praxis pietatis ist immer noch bedenkenswert, insbesondere "das immerwährende Gebet", die Bemühung, stets mit dem Selbst in Kontakt zu bleiben. Ein zeitgemäßer Ersatz für das persönliche Gebet ist die Aktive Imagination, wie sie in der Analytischen Psychologie genutzt wird.

Ein besonderes Problem bildet die Fürbitte für Andere: Ist sie noch sinnvoll, wenn das Gebet nicht mehr über einen äußeren "Satelliten" erfolgt, sondern in der Zwiesprache mit dem eigenen Seelengrund? Langjährige Erfahrung zeigt, dass positives Gedenken nach wie vor sinnvoll erscheint; es verändert unsere innere Einstellung zum Mitmenschen und zur Umwelt, welche sich über unbewusste lebendige Kanäle vielfach auswirkt.

Literatur: Standard; Kaufmann, R. (1989): Das ewig Christliche; Obrist, W. (1993): Tiefenpsychologie und Theologie.

Autor: Kaufmann, Rolf