Fahne

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Keyword: Fahne

Links: Geist, Gruppe, Heros-Prinzip, Identität, Logos-Prinzip, Luft, Status, Tod, Wind

Definition: Eine Fahne (ahd. fano, eigtl."Tuch", gekürzt aus gundfano "Kampftuch"),

ist ein ein- oder mehrfarbiges, leeres oder mit Figuren geschmücktes Stoffstück meist symbolischer Bedeutung, das an einer Stange dauerhaft oder beweglich befestigt ist und die sehr oft eine zentrale Idee, eine Zugehörigkeit und Gruppenidentät herstellt.

Information: Das römische Wort für Fahne "vexillium" ist der Diminutiv von "velum" Segel, Hülle, Tuch, Vorhang von der Wurzel weg, "weben" und verwandt mit dem Verbum velo, are "verhüllen, verdecken" und dem Substantiv velamen, inis "Hülle, Schleier".

Interpretation: Die Fahne ist ein Symbol des Geistes, denn sie wird vom Wind bewegt. Schon im Alten Ägypten gab es eine Hieroglyphe ntr (neter), die man als Wimpel interpretiert und die vor dem Gottesnamen steht. Sie bedeutet "den/ein Gott", aber auch "der göttliche Pharao" oder "der vergöttlichte Tote".

Die Fahne, Flagge, Wimpel ist ein uraltes Symbol, das in allen Hochkulturen vorkommt mit derselben Grundbedeutung: Zeichen der göttlichen Macht und Unbezwingbarkeit. Selbst noch im Christentum trägt das Lamm Gottes die Fahne als Symbol der Auferstehung. Die liturgische Verwendung der Fahne hat noch viele Zeichen ihrer römischen Herkunft. Das Sakramentsfähnchen (velamen) wird während der Predigt vor die ausgesetzte Monstranz gestellt. Der Erzengel Michael wird in der kirchlichen Ikonographie als Fahnenträger der himmlischen Heerscharen (salutis signifer) dargestellt. Der hl. Johannes der Täufer trägt einen in einem Kreuz endenden Stab, von dem ein flaggenartiges Band herabhängt mit den Worten "ecce agnus dei".

Man setzte Fahnen auf Anhöhen oder hervorragende Bauten. Die römischen Kohorten trugen sie als Feldzeichen, was sich bis in unsere Zeit erhalten hat, wo der Schweizersoldat im Ernstfall den Fahneneid ablegt. Man wird "unter die Fahne gerufen". Das bedeutet, dass man unter diesen außerordentlichen Umständen töten darf, ja sogar muss. Das Töten geschieht im höheren Interesse und ist deshalb kein Mord. Im Alten Rom gab es eigene Priester für das Berufsheer, die im Frühjahr, wenn der Kriegszug begann, die Lanze im Tempel des Mars, des Kriegsgottes, rüttelten und riefen: "mars vigila!" (Mars wach" auf). Das war der rite d"entrée mit einem ganzen Zeremoniell, um die Legionäre in den Kriegszustand einzuweihen. Im Herbst dagegen, wenn der Feldzug vorüber war, machten diese Priester in ihren blutroten Gewändern einen rite de sortie mit Lustrationen, um die Legionäre zu entsühnen.

Wie wichtig derartige Riten sind, sieht man daran, dass nach den modernen Kriegen manche ehemalige Soldaten sich im zivilen Leben nicht mehr zurechtfanden und kriminell oder psychisch krank wurden. Gegen das Töten besteht ein strenges Tabu, das nur mit göttlicher Einwilligung gebrochen werden darf, sonst ist es das schwerste Verbrechen. Daher versteht man, dass die Götter im Himmel am Trojanischen Krieg regen Anteil nahmen. Sie hatten ihre Lieblinge, die auf Erden ihr Leben für sie einsetzen.

Auf der Fahne sind oft geheimnisvolle Zeichen, meist aber Tiere. Letztere weisen auf die Totemahnen, die dem Krieger die übermenschliche Kraft verleihen (Berserkern). Der Krieger ist eine Mana-Persönlichkeit, seine Waffen sind heilig, die Kriegsbeute wird darum den Göttern geopfert, zum Beispiel wurden die Gefangenen der Germanen reihenweise an Waldrändern aufgehängt zu Ehren des Gottes Wotan, des Hängegottes, oder zum Adler gemacht, indem ihnen die Flanken aufgeschnitten wurden. Nach dem Feldzug wurden Waffen und Feldzeichen bei den Römern durch die Salierpriester im Armilustrium entsühnt und im Marstempel wie in einem Zeughaus verwahrt.

Die Fahnen als Geistsymbol erwecken Begeisterung. Das ist der Ansporn zu Heldentaten, nicht nur im Krieg, sondern auch im Sportverein. Die Fahne ist daher ein Libidosymbol, das geeignet ist, dem Träger besondere Kraft zu verleihen. Der Fahnenträger war daher stets eine ausgezeichnete Person, die voranging und deren Libido sich auf die Nachfolgenden übertrug. Wenn man die Fahne sinken sah, wurde man entmutigt, die Schlacht war verloren ("Mit fliegenden oder wehenden Fahnen untergehen").

Dass die Fahne ein Gotteszeichen ist, wie die altägyptische Hieroglyphe, zeigt sich darin, dass der Pharao mit seinem Streitwagen an vorderster Front war oder Jahwe die Israeliten in den Kampf führte (5. Mos 14; 1, 30). Das verleiht den Kriegern die Siegesgewissheit, denn sie sind das Gottesvolk. Darum ereignen sich auf Kriegszügen Wunder und Visionen. Am bekanntesten ist jene von Laktanz berichtete Vision des Konstantin über die Übermacht des Maxentius an der Milvisischen Brücke (28. 10. 312 n. Chr.), wo er ein Lichtkreuz [...] am Himmel sah und eine Stimme hörte: in hoc signo vinces (in diesem Zeichen wirst du siegen). Konstantin gilt als der erste christliche Kaiser. Das Kreuz wird in der Folge zum "vexillium Christi" (Fahne Christi).

Die frühen Christen mussten gegen die Heiden kämpfen, weshalb Firmicus Maternus ausruft: "Richtet das Banner der Treue auf, die Gottheit hat euch dieses vorbehalten". Die Idee des Kreuzes tritt wieder in den Kreuzzügen in den Vordergrund.

Literatur: Standard

Autor: Ribi, Alfred