Heros-Prinzip

Aus symbolonline.eu
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Keyword: Heros-Prinzip

Links: (Aggression, Blut, Drache, Drachenkampf, Größenfantasie, Held, Heldenmythos, Individuation, Macht, Pentaolon-System, Phallus, Ritter, Rot, Schwert, Sonne, Waffe)

Definition: Das Heros-Prinzip bezeichnet Aspekte wie Aktion, Tatkraft, zielgerichtetes Handeln, Autonomie, Stärke, Mut, Bereitschaft zu Konflikt, Auseinandersetzung und Kampf.

Information: Das Heros-Prinzip repräsentiert jene vorwärtsdrängende Energie, die den Kampf ums Dasein ermöglicht und Kraft zur Selbstverwirklichung verleiht. Das ganze Leben ist im Grunde eine kontinuierliche Heldenreise (Helden-Mythos) und das Heroische fasziniert die Menschen aller Kulturen und aller Zeiten immer wieder. Ob in den alten Mythen, Sagen und Märchen, ob in der Literatur und den Filmen der Gegenwart, in der Religion, der bildenden Kunst, der Geschichte, der Politik, der Wissenschaft, der Wirtschaft, dem Sport: immer steht der Mensch im Mittelpunkt, der "es wagt", der das Neue, Außergewöhnliche tut und es dabei riskiert, bis an die äußersten Grenzen zu gehen. Campbell (1949), Jung (Jung, GW 5) und Neumann (1949) haben sich besonders intensiv mit dem Helden beschäftigt und ihn auf die Bewusstseinsentwicklung und Individuation bezogen, insbesondere unter ihrem Ich-Bewusstseins-Aspekt.

Interpretation: Der positive Held und die positive Heldin repräsentieren den vorbildlichen schöpferischen Menschen, der den Mut hat, sich selbst, seinen Wünschen, Fantasien und eigenen Wertvorstellungen treu zu sein, der das Leben leidenschaftlich lebt, der Wege in verborgene, verbotene, schwer zugängliche Seinsbereiche einschlägt, handele es sich dabei um neue Lebensformen, fremde Länder oder ferne Galaxien oder um die Unbekanntheit unserer Seele. Indem der heroische Mensch sich weder von den Warnungen anderer, noch von seinen eigenen Ängsten und Schuldgefühlen von seinem Vorhaben abbringen lässt, offen und lernbereit ist, Konflikte, Frustrationen, Einsamkeit und Ablehnung auszuhalten vermag, gewinnt er neue Einsichten und vollzieht Handlungen, die nicht nur für ihn, sondern auch für die Gesellschaft von verändernder Kraft sein können. Er wird zum Kulturheros, zum Großen Einzelnen (vgl. Neumann 1949, Ursprungeschichte des Bewusstseins).

Größenwahn, Selbstüberschätzung verbunden mit Macht und Gewalt gehören zu den Schattenaspekten des Heros-Prinzips. Einerseits kann sich das Heros-Prinzip im lichten, strahlenden, menschenfreundlichen Helden, der sich für die Erhaltung und Entwicklung positiver Lebenszustände, für Freiheit und Gerechtigkeit einsetzt, manifestieren, andererseits aber auch im unberechenbaren, jähzornigen, selbstsüchtigen, machthungrigen, gewalttätigen Menschen, der bereit ist, für eine vermeintlich "gute" Sache ebenso grausam und sadistisch zu wüten wie jene feindlichen Mächte, die zu überwinden er sich zur Aufgabe gemacht hat.

Heroische Symbolik , findet sich deshalb in hohem Maße auch in diktatorischen, faschistischen, totalitären politischen Systemen. Beispielsweise haben die Helden und Menschheits-Erlöser-Fantasien eine besonders starke suggestive Überzeugungskraft. Nicht nur einzelne Führergestalten, sondern ganze Menschenmassen und Völker können ihr epidemisch verfallen. Das Heros-Prinzip ist - neben dem Logos-Prinzip - in unserer leistungs- und erfolgsorientierten Gesellschaft ein sehr zentraler Faktor. Durch seine Dominanz und die Vernachlässigung der anderen archetypischer Prinzipen (Bios-Prinzip, Eros-Prinzip, Mystos-Prinzip) hat er sich in vielerlei Hinsicht als sehr problematisch ausgewirkt. Eine typische mit dem Heros-Prinzip verbundene Schwierigkeit ist, dass er glauben lässt, alles sei machbar und manipulierbar, alles sei nur die Frage einer bestimmten Technik. Ein solcher unrealistischer Veränderungsoptimismus wird z. B. gerne von neuen Technologien und neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen, aber auch von neuen psychotherapeutischen Richtungen oder von Motivations- und Erfolgstrainern ausgestrahlt.

Literatur: Standard; Müller, L. (1987): Der Held

Autor: L. Müller