Dreizehn und Dualismus, religiöser: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Keyword:''' Dreizehn
'''Keyword:''' Dualismus, religiöser


'''Links:''' [[Drei]], [[Dreieck]], [[Dreizahl]], [[Fee]], [[Glück]], [[Mond]], [[Mutter, Große]], [[Unglück]]
'''Links:''' [[Gottesbild]], [[Jenseits]], [[Polarität]], [[Schatten]], [[Zwei]]


'''Definition:''' Die Dreizehn ist eine ungerade, natürliche, positive Zahl und eine Primzahl. Sie gilt in einigen Kulturen als Unglückszahl und in anderen als Glückszahl (z. B. auch im Alten Testament).
'''Definition:''' Dualismus [zu lat. duo »zwei«] bezeichnet allgemein eine Zweiheit; Gegensätzlichkeit von zwei einander entgegengesetzten, unabhängigen Größen oder Prinzipien, die nicht voneinander ableitbar sind: z. B. Geist und Stoff, Leib und Seele. In der Tiefenpsychologie geht man hingegen vom Prinzip der [[Polarität]] aus, nach der sich jeweils um zwei Pole einer Sache handelt.


'''Information:''' Keine
'''Information:''' Der religiöse Dualismus ist uralt, heute aber überholt. Im archaischen [[Weltbild]] bestand das Sein insgesamt aus der Zweiheit von Diesseits und Jenseits; die Alten dachten fundamental dual. Einige Kulturen waren sogar dual-dualistisch: Nicht nur das Weltganze, sondern auch das Jenseits war zweigeteilt; es beherbergte einen guten, von guten Geistern umgebenen Gott, aber auch einen diesem ebenbürtigen bösen Gott mit entsprechend üblem Gefolge, und die beiden Gottheiten hatten nichts miteinander zu schaffen. Besonders ausgeprägt war diese Vorstellung in der altiranischen Religion, wo dem guten Gott Ahura Mazda (Ohrmazd) sein potenter Gegner Ahriman gegenüberstand. Teilweise wurden das nachexilische Judentum, die urchristliche Bewegung ([[Antichrist]]) und die antike [[Gnosis]] (Mandäer und Manichäer) davon beeinflusst. Die monotheistischen Religionen hingegen ([[Judentum]], [[Christentum]] [[Islam]]) glauben insgesamt, trotz gewisser dual-dualistischer Züge, an einen einzigen Gott, der die Welt ursprünglich gut erschaffen habe.


'''Interpretation:''' Im allgemeinen Volks- und Aberglauben wird die Dreizehn oft als Unglückszahl beschrieben. Sie scheint genau so Unheil zu verkünden, wie eine schwarze Katze, die einem – vor allem, wenn sie von links kommt! – über den Weg läuft. Es gibt Hotels, in denen die Zimmernummer 13 nicht zu finden ist. Selbst in modernen Städten gibt es manchmal die Hausnummer 13 nicht. Das kann nur bedeuten, dass es eine tiefgehende Angst im Menschen vor dieser Zahl gibt.
Die Kehrseite dieser Theorie ist das Theodizeeproblem: Es wird nicht plausibel, warum denn das Böse in der Welt derart mächtig sei. Mit der Entdeckung, dass das Jenseits auf Projektionen beruht, wird der Dualismus überwunden. Es gibt kein Jenseits mehr."On n'a plus besoin de cette hypothèse"; diese lapidare Feststellung des positivistischen Mathematikers, Astronomen und Philosophen P. S. Marquis de Laplace (1749-1827) gilt immer noch.


In der Bildersprache des Märchens "Dornröschen" sind die möglichen Zusammenhänge symbolisch geschildert, die der Furcht vor der Dreizehn zugrunde liegen könnten: Nachdem die lang ersehnte Tochter zur Welt gekommen ist, veranstaltet der König ein Fest und lädt dazu alle Feen, d. h. die weisen Frauen des Reiches ein, damit sie seinem Kind ihre guten Wünsche bringen mögen. Da er jedoch nur 12 goldene Teller und je 12 Messer und Gabeln hat, kann er nicht alle Segensspenderinnen einladen, denn es gibt 13 in seinem Reich. Eine muss also zu Hause bleiben. Diese nicht eingeladene Fee wird bitterböse über die Zurücksetzung, erscheint erzürnt auf dem Fest und wünscht dem Täufling den Tod. Da aber eine der Feen ihren Spruch noch nicht getan hat, wandelt diese den Fluch der 13. Frau um den 100jährigen Schlaf, der Dornröschen dann auch an seinem 15. Geburtstag (Drei mal Fünf) ereilt.
'''Interpretation:''' Der Teufel ist eine Projektion des kollektiven [[Schattens]] (des Konglomerats dessen, was nicht toleriert wird) und der gute Gott eine Projektion des kollektiven Ideals (der angeblich guten Seite der Psyche). Die Entdeckung, dass destruktive wie konstruktive psychische Kräfte von den Alten nach aussen projiziert wurden und so die metaphysischen Gefilde bevölkerten, überwindet den archaischen Dualismus Nach der Rücknahme der Projektion erscheint das Universum als Einheitswirklichkeit mit zwei Aspekten, einem materiellen und einem geistigen.


In diesem Märchen ist sehr deutlich und eindrucksvoll der Übergang von der matrilinearen zur patriarchalen Zeit beschrieben. In der matrizentrischen Zeit lebten die Menschen im Einklang mit der Natur und deren Rhythmen. Die Umlaufbahn des [[Mondes]] und der in der gleichen Zeitspanne sich wiederholende Menstruationszyklus der Frau teilte das Jahr damals in 13 Monde ein. Die Dreizehn bedeutete demnach damals sowohl die Ganzheit – eines Jahres –, als auch die Vollständigkeit – eines fruchtbaren Zyklus. Insofern kam sie in ihrem Stellenwert für die Menschen gleich nach der "heiligen [[Drei]]". Ihr haftete ebenso das Geheimnis des Göttlichen, das auch der Mond symbolisierte, und das Wunder des Lebens, welches durch die Kraft der Sonne gewährleistet war, an.
Dass die monotheistischen Religionen (trotz des unlösbaren Problems der Theodizee) an ihrem Glauben an einen einzigen Gott festhalten, ist der archaische Ausdruck einer gesunden Einstellung: Ihr einziger Gott ist ja das Abbild der einen, vielleicht zerstrittenen, aber dennoch einzigen Psyche! Die ewig verfeindeten Ahura Mazda und Ahriman hingegen symbolisieren zwei Teile einer zerrissenen Psyche, in der Hell und Dunkel voneinander abgespalten sind. Wie die Psychotherapie zeigt, können solche psychischen Abspaltungen psychische Störungen und Erkrankungen. Das Ziel der Psychotherapie ist es deshalb meist, solche Abspaltungen durch Integration zu überwinden. Allerdings gibt es traumatische ([[Trauma]]) Ereignisse, bei denen eine Abspaltung für eine zeitlang ein sinnvoller Abwehrmechanismus ([[Abwehr]]) sein kann.


Die "Entweihung" dieser Zahl, die durch die Einführung des Julianischen Kalenders, welche als äußerer Ausdruck für das nun hereinbrechende Patriarchat, mit dem alles Weibliche, Mütterliche der männlichen Willkür gewaltsam untergeordnet und zum Teil im Laufe der Zeit völlig ausgelöscht wurde, nahm den Frauen sowohl äußerlich, als auch innerlich ihre Lebensgrundlage. Und wir wissen heute in der Tiefenpsychologie, dass alles Entwertete und Zurückgesetzte nicht seiner Kraft und Dynamik beraubt wird. Doch die Kraft, die in ihrer geachteten Form viel Gutes, Helles und Schönes bewirken kann, entartet in der Unterdrückung zum Bösen, Dunklen und Hässlichen, so wie die 13. Fee im Märchen von "Dornröschen" dargestellt wird. Insofern hat die Volksseele recht, wenn sie sich vor der Dreizehn fürchtet, denn in ihr nagt die Angst vor der Willkür, die sich die Natur "untertan" zu machen versucht. Die Inhalte des Unbewussten, die zeitlos in der Seele schlummern, können auch nach Jahrtausenden noch lebendig werden und aus diesem, dem aktuellen Bewusstsein nicht zugänglichen Wissen ggf. eben auch Angst und Schrecken verbreiten.
'''Literatur:''' Standard, Kaufmann (1998), Kaufmann (2006)


Dies könnte in einer psychotherapeutischen Behandlung bedeuten: Wenn eine Dreizehn auftaucht, z. B. in einem Traum oder Bild, und vor allem dann, wenn diese Zahl den Analysanden, die Analysandin stark beeindruckt oder erschreckt, kann man daran denken, dass im Unbewussten etwas Wichtiges, was einst entwertet oder unterdrückt wurde, ins Bewusstsein gelangen, angeschaut und angenommen werden will.
'''Autor:''' Kaufmann, Rolf
 
'''Literatur''': Standard
 
'''Autor''': Seifert, Ang Lee

Version vom 29. November 2011, 10:01 Uhr

Keyword: Dualismus, religiöser

Links: Gottesbild, Jenseits, Polarität, Schatten, Zwei

Definition: Dualismus [zu lat. duo »zwei«] bezeichnet allgemein eine Zweiheit; Gegensätzlichkeit von zwei einander entgegengesetzten, unabhängigen Größen oder Prinzipien, die nicht voneinander ableitbar sind: z. B. Geist und Stoff, Leib und Seele. In der Tiefenpsychologie geht man hingegen vom Prinzip der Polarität aus, nach der sich jeweils um zwei Pole einer Sache handelt.

Information: Der religiöse Dualismus ist uralt, heute aber überholt. Im archaischen Weltbild bestand das Sein insgesamt aus der Zweiheit von Diesseits und Jenseits; die Alten dachten fundamental dual. Einige Kulturen waren sogar dual-dualistisch: Nicht nur das Weltganze, sondern auch das Jenseits war zweigeteilt; es beherbergte einen guten, von guten Geistern umgebenen Gott, aber auch einen diesem ebenbürtigen bösen Gott mit entsprechend üblem Gefolge, und die beiden Gottheiten hatten nichts miteinander zu schaffen. Besonders ausgeprägt war diese Vorstellung in der altiranischen Religion, wo dem guten Gott Ahura Mazda (Ohrmazd) sein potenter Gegner Ahriman gegenüberstand. Teilweise wurden das nachexilische Judentum, die urchristliche Bewegung (Antichrist) und die antike Gnosis (Mandäer und Manichäer) davon beeinflusst. Die monotheistischen Religionen hingegen (Judentum, Christentum Islam) glauben insgesamt, trotz gewisser dual-dualistischer Züge, an einen einzigen Gott, der die Welt ursprünglich gut erschaffen habe.

Die Kehrseite dieser Theorie ist das Theodizeeproblem: Es wird nicht plausibel, warum denn das Böse in der Welt derart mächtig sei. Mit der Entdeckung, dass das Jenseits auf Projektionen beruht, wird der Dualismus überwunden. Es gibt kein Jenseits mehr."On n'a plus besoin de cette hypothèse"; diese lapidare Feststellung des positivistischen Mathematikers, Astronomen und Philosophen P. S. Marquis de Laplace (1749-1827) gilt immer noch.

Interpretation: Der Teufel ist eine Projektion des kollektiven Schattens (des Konglomerats dessen, was nicht toleriert wird) und der gute Gott eine Projektion des kollektiven Ideals (der angeblich guten Seite der Psyche). Die Entdeckung, dass destruktive wie konstruktive psychische Kräfte von den Alten nach aussen projiziert wurden und so die metaphysischen Gefilde bevölkerten, überwindet den archaischen Dualismus Nach der Rücknahme der Projektion erscheint das Universum als Einheitswirklichkeit mit zwei Aspekten, einem materiellen und einem geistigen.

Dass die monotheistischen Religionen (trotz des unlösbaren Problems der Theodizee) an ihrem Glauben an einen einzigen Gott festhalten, ist der archaische Ausdruck einer gesunden Einstellung: Ihr einziger Gott ist ja das Abbild der einen, vielleicht zerstrittenen, aber dennoch einzigen Psyche! Die ewig verfeindeten Ahura Mazda und Ahriman hingegen symbolisieren zwei Teile einer zerrissenen Psyche, in der Hell und Dunkel voneinander abgespalten sind. Wie die Psychotherapie zeigt, können solche psychischen Abspaltungen psychische Störungen und Erkrankungen. Das Ziel der Psychotherapie ist es deshalb meist, solche Abspaltungen durch Integration zu überwinden. Allerdings gibt es traumatische (Trauma) Ereignisse, bei denen eine Abspaltung für eine zeitlang ein sinnvoller Abwehrmechanismus (Abwehr) sein kann.

Literatur: Standard, Kaufmann (1998), Kaufmann (2006)

Autor: Kaufmann, Rolf