Eins

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Keyword: Eins

Links: Unus mundus, Zahl

Definition: Die Eins ist der Anfang der unendlichen Zahlenreihe.

Information: Die Eins ist selbstverständlich, jeder kennt das Einmaleins. Dass 1 x 1 = 1 ist, zeigt schon Besonderheiten dieser Zahl. In der Folge der Zahlenreihe stellt die Eins das Grundelement dar. Im Gegensatz zu allen anderen Zahlen kann sie nicht durch Multiplikation mit sich selber vermehrt oder durch Division vermindert werden. Sie ist ein möglicher Teiler aller Zahlen, also in ihnen enthalten. Sie ist die einzige natürliche Zahl, die keiner anderen Zahl folgt, sie hat keinen Vorgänger.

Interpretation: Vor diesem Hintergrund war man lange im Zweifel, ob die Eins überhaupt eine Zahl ist. Da sie in allen anderen Zahlen enthalten ist, wurde sie schon früh zum Symbol, zum Inhalt philosophischer und theologischer Überlegungen und mystischer Erlebnisse. Die Eins repräsentiert das All-Eine, das unteilbare Ganze, sie symbolisiert das Unendliche und enthält dieses in Form der Zahlenreihe. Sie symbolisiert die eine Große Göttin des Anfangs und den einen Gott. (Monotheismus).

Die Grundlage der Symbolik der Eins zeigt sich darin, dass sie weder darstellbar noch denkbar ist. Wenn ich sie wahrnehme oder denke, bin ich schon in der Dualität und der Zwei. Dies ist die Paradoxie der Eins: Sie ist als rationale Zahl unverzichtbar für alle Rechenoperationen und sie ist, im erweiterten Sinne, nicht darstellbar. Eigentlich kann man über sie nicht reden, sondern angesichts des großen Symbols nur schweigen.

Berühmt und weitreichend ist der Spruch von LaoTse im Tao Te King: "Der Sinn erzeugt die Einheit. Die Einheit erzeugt die Zweiheit. Die Zweiheit erzeugt die Dreiheit. Die Dreiheit erzeugt alle Geschöpfe." (1921, S. 47). In einer anderer Übersetzung heißt es: "Die Dreiheit bringt die zehntausend Dinge hervor." (1995, S. 42). Er zeigt in prägnanter Form diese komplexe Symbolik. Gedanken zur Symbolik des All-Einen, zur Eins finden sich in der chinesischen Philosophie, in den heiligen Büchern der Inder, an vielen Stellen bei Meister Eckehard und anderer Mystiker und auch in dem kurzen Vers von Angelus Silesius: "Im Eins ist alles Eins / kehrt Zwei zurück hinein / So ist es wesentlich / mit ihm ein einges Ein." (1979, S. 75).

Das Grundthema jeder Mystik, die Unio Mystica, ist ohne die Eins oder die Einheit, das Ganze, nicht denkbar. Das große Eine ist Endpunkt tiefer menschlicher Sehnsucht. Auch wenn der "Einzelne" hier wieder der Bezug zur Eins - die Basis einer individualisierten Gesellschaft ist, so besteht doch immer die Sehnsucht, diese Vereinzelung zu überwinden und "Eins zu werden" mit einem Anderen, einem großen Ganzen. Viele menschliche Erlebnisse, nicht zuletzt auch die Intensität und Tiefe des sexuellen Orgasmus, symbolisieren dieser Sehnsucht nach Einheit und Vereinigung.

Sprachlich beziehen sich viele Worte auf die Eins und damit auch auf das grundsätzliche Erleben des und die Sehnsucht nach dem Einen. Das gemeinsame Lied verbindet große Menschengruppen zu einer übergeordneten Einheit, der Satz "Gemeinsam sind wir stark" oder der Vers der deutschen Nationalhymne "Einigkeit und Recht und Freiheit" sind überhaupt nur dadurch möglich, dass sich in der Psyche diese Dynamik und Sehnsucht zur Einheit hin immer wieder neu entfaltet.

Psychologische Theorien wie auch die Psychotherapie greifen immer wieder auf das Konzept des Einen zurück. Tief gehende Spaltungen in der Persönlichkeit beeinträchtigen das Leben massiv, die Einheit der Person wird Schritt für Schritt zerstört, beim Krankheitsbild der Schizophrenie so sehr, dass die Einheit der Persönlichkeit nicht aufrechterhalten werden.

Die Eins hat viele symbolische Bezüge zur menschlichen Gesellschaft, zur Politik und zum Schicksal des Einzelnen. In der jüngsten Deutschen Geschichte ist die Wiederherstellung der deutschen Einheit ein dynamisches symbolisches Ereignis gewesen und geblieben. Aus der Einheit entwickelt sich die unendliche Vielfalt der Dinge, vergleichbar mit der unendlichen Zahlenreihe.

Die symbolische Gestalt, bei der die Eins eine besondere und charakteristische Bedeutung hat, ist das Einhorn. Es wird in der Lutherbibel, allerdings auf Grund von Übersetzungsfehlern, bis heute erwähnt. Es gibt eine Fülle von künstlerischen Darstellungen, bis in die Neuzeit, seine medizinische Bedeutung wurde immer wieder dargestellt, Das Einhorn wird gerne als Apotheken-Schild verwendet. Hildegard v. Bingen (1098 bis 1179), empfiehlt z. B. Einhornleber zu pulverisieren und, mit einem Brei aus dem Schmalz des Eigelbs vermischt, eine Salbe zu bereiten. Bekannt ist, wie das Tapfere Schneiderlein ein Einhorn fängt. Das erlegte Tier gehört dem König immer als Jagdbeute, wieder ein Hinweis auf die zentrale Bedeutung der Eins.

In Schillers Wappen findet sich ein Einhorn, eine Plastik stammt aus dem zweiten Jahrhundert vor Christus - eine lange Tradition, bis hin zu den "Einhorn-Apotheken".

In der Kirchengeschichte hat das Bild der Dreieinigkeit über Jahrhunderte bis heute eine zentrale und kontroverse Rolle gespielt. Ist Gott "Einer" trotz der drei "Personen der Gottheit"? Erst Augustinus hat die Dreieinigkeitslehre fest begründet.

In den matriarchalen Kulturen ist es die eine Große Göttin, sie wird meist in gebärender Stellung dargestellt. Sie entfaltet sich zur Dreifaltigen Göttin. Aus der Einen, der Eins entsteht das All.

Literatur: Standard

Autor: Seifert, Theodor