Nacht und Sophia: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Keyword:''' Nacht
'''Keyword:''' Sophia


'''Links:''' [[Abend]], [[Bewusstsein]], [[Dunkelheit]], [[Finsternis]], [[Kreativität]], [[Mond]], [[Mutter]], große [[Schatten]], [[Nachtmeerfahrt]], [[Schlaf]], [[Tag]], [[Tod]], [[Traum]], [[Unbewusstes]], [[Weihnachten]]
'''Links:''' [[Gottesbild]], [[Logos-Prinzip]]


'''Definition:''' Die Nacht bezeichnet etwa den Zeitraum zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang, zwischen Einbruch der Dunkelheit und Beginn der Morgendämmerung.
'''Definition:''' Sophia ist ein griechische Wort und bedeutet Weisheit. Im Hebräischen: Chochma.


'''Information:''' Die Nacht ist der vorübergehende Tod des Lebens. Alte Menschen fürchten sie oft, weil sie die Todesnähe deutlich spüren. Auch Kinder haben häufig Angst vor ihr. Sie scheinen die Bedrohung noch instinktiv zu spüren, die die Menschen seit Urzeiten bei Einbruch der Nacht empfunden haben, denn in der Nacht lauerten unzählige Gefahren.
'''Information:''' Siehe unter Interpretation.


'''Interpretation:''' Die Nacht ist der Raum der Schatten, der Unbestimmtheit, der Albträume, der Täuschungen und heimlichen Handlungen ("bei Nacht und Nebel"), der dunklen Seiten des Lebens ("hässlich wie die Nacht") und der dunklen, bedrohlichen Wesen ("die Nacht der langen Messer"), der trüben Stimmungen ("schwarz wie die Nacht"); ebenso der Raum des [[Unbewussten]] und seiner Kräfte und Mächte, die des Nachts dem hellen [[Ich]] des [[Bewusstseins]] und analytischen Denkens die Macht entrissen haben und sich in den [[Träumen]] manifestieren. Für die Griechen war sie (nyx) die Tochter des [[Chaos]], aber auch die [[Mutter]] des [[Himmels]] (uranos) und der [[Erde]] (gaia). Sie zieht über den Himmel in einen dunklen Schleier gehüllt, in einem von vier schwarzen Pferden gezogenen Wagen, eskortiert von ihren Kindern, den Furien und Parzen.
'''Interpretation:''' In der Zeit des Hellenismus Symbolfigur für Erkennen der Welt und ihrer Gesetze. Philosophen sind Freunde der Weisheit. In der jüdischen Weisheitsliteratur tritt sie auf als öffentliche Rednerin, die für sich wirbt, vor Frau Torheit warnt und ihren Anhängern ein gutes Leben verspricht. Sie stellt sich vor als geboren vor der Schöpfung, als Freundin oder Geliebte des Schöpfers oder als junges Mädchen, das auf dem Erdenkreis tanzt und ihre Freude hat an den Menschen. Sie gilt als Urlicht der Schöpfung, als Energie, die alles durchdringt und erhält. Sie erscheint als Lebensbaum, der Menschen einlädt, von ihren Früchten zu kosten. Hinter ihrem Rat steht die Weisheit der Natur. Wer ihren Rat ausschlägt, handelt sich Tod und Verderben ein. In der jüdischen Mystik ist sie kaum zu unterscheiden von der Schechina, (wörtlich: Einwohnung Gottes), die ebenfalls als weibliche Gestalt beschrieben wird. Gott selbst kleidete sie in ein Gewand, das mit Edelsteinen besetzt ist. Sie nistete als Taube auf den Zinnen des Tempels, begleitete die Juden aber auch ins Exil.


Die Nacht ist mit ihrer Verbindung zur dunklen Seite aber auch die Zeit der triebhaften Impulse, der Lust, der Sexualität ("Nachtleben"), im Verein damit der Zärtlichkeit und Intimität der Liebe.
In der Gnosis wird Sophia gespalten in eine untere und eine obere Sophia. Die eine sei mit der Schöpfung gefallen, die andere leite zur Erkenntnis. Eine mythische Überlieferung erzählt, Sophia sei von den Weisen und Gebildeten verlacht worden und habe sich daher in den Himmel zurückgezogen, wo sie Herrin der Engel ist. Sie werde aber wiederkehren oder einen Gesandten schicken. Dann werde sie zu den Ungebildeten und Kindern reden, die sie besser verstehen würden.


Als Tod des [[Lichts]], des Lebens und des Bewussteins ist die Nacht gleichzeitig auch der Wendepunkt zum Neubeginn des Lebens, ein keimbeladender Raum, trächtig und voller noch nicht entfalteter Möglichkeit. An diesem Tiefpunkt der Leere kann sich auch das Bewusstsein reinigen, neu formieren und mit neuen Inhalten anreichern. Die Nacht geht schon schwanger mit dem [[Tag]]. Da die Möglichkeiten in diesem Zustand noch unbekannt sind, erwecken sie auch den Eindruck des Konspirativen, Geheimen. Bei E. Bloch (Prinzip Hoffnung) ist dies der Raum der Latenz.
Im frühen Christentum wurde Jesus offenbar als Sprecher und Gesandter der Sophia verstanden. Bei der Taufe ließ sie sich auf ihm nieder, wohnte in ihm als Taube. Die Hagia Sophia in Konstantinopel ist eine Sophia- und Christuskirche in einem. Die Ostkirche verehrt neben Christus auch die Sophia, auf Ikonen eine thronende weibliche Gestalt in rotem Gewand mit Flügeln. Sie entwickelte auch eine eigene Lehre von der Himmlischen Weisheit, die im Westen unbekannt blieb. In Westeuropa ist die Verehrung Sophias durch die Verehrung Marias als der Himmelskönigin verdrängt worden. Beide Gestalten wurden so verschmolzen, dass Sophia unsichtbar wurde. Nur wenige mittelalterliche Darstellungen zeigen Sophia als alma mater, die Professoren mit ihrer Milch nährt, oder die sieben Säulen des Tempels der Weisheit. Seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts ist Sophia von feministischen Frauen in Westeuropa und den USA wieder entdeckt worden als weibliche Alternative zum patriarchal geprägten Gottesbild. Durch sie sind das Leben und die Natur als von göttlicher Liebe und Energie durchdrungen zu begreifen. Und durch Sophia braucht der Erkenntniswille des Menschen nicht länger als Aufruhr gegen Gott verstanden zu werden, er ist im Gegenteil eine Gabe der Weisheit, allerdings setzt er Ehrfurcht voraus. Im Prolog des Johannesevangeliums, von der Logos-Philosophie inspiriert, kann Logos (deutsch: das Wort) auch als Sophia gedeutet werden. Durch Sophia wird die kosmische Bedeutung des Christus wieder sichtbar.


Die Nacht hat also den Doppelcharakter von Tod und Leben, Stillstand und Neubeginn. Der Punkt des Umschlags ist um Mitternacht. Sie ist die Stunde der Einweihung in den antiken Mysterien ([[Mysterium]]), der tiefsten Dunkelheit, die Zeit der [[Geister]] und [[Dämonen]], der tiefsten Schatten und des geringsten Lichts, aber auch der spirituellen und geistigen Erkenntnis. Zwischen der Stunde Null und der ersten Stunde ahnt man eine Art Niemandsland, in dem sich alle möglichen Wesen der Finsternis austoben können. Psychisch ist dies die Stunde der Begegnung mit dem Tod, dem eigenen Schatten und der [[Angst]]. Dort sind die Unklarheit, die Verwirrung, die Unkenntnis und die Verlorenheit am größten. Damit steht aber auch die Entscheidung und Wandlung bevor. In der tantrischen Tradition ist dies die Zeit der absoluten Stille und Ruhe. Gleichzeitig ist es aber der Punkt des Neubeginns, an dem, sich wie [[Phönix]] aus der Asche der neue Tag langsam zu entfalten beginnt wie aus dem Nichts, dem Nicht-Sein.
Das Aufkommen der Sophia zur Zeit des Hellenismus kann als Wiederkehr der orientalischen Göttinnen der Frühzeit verstanden werden. Sie fordert keine Opfer und Kulte, ist aber wie sie Symbol den Kosmos. Gestirne, Meere und Berge, Pflanzen und Tiere werden von ihr hervorgebracht und erhalten. Sie personifiziert die Weisheit der Natur und verleiht dem Menschen Erkenntnisfähigkeit, wenn er sich ihr mit Ehrfurcht nähert. Im Unterschied zu den meisten archaischen Göttinnen wird Sophia vor allem durch die Sonne symbolisiert und damit als Licht und Klarheit.
 
Alle Religionen der Erde kennen eine weibliche göttliche Gestalt, die die Weisheit der Natur personifiziert. Sie wird auch als Mutter Natur oder als Anima mundi verstanden. In jedem Fall ist sie Symbol für das Staunen und einen ehrfürchtigen Umgang des Menschen mit seiner Mitwelt. Überlieferte Visionen schildern Sophia als lichte, schöne, ehrfurchtgebietende Gestalt. In Träumen und Imaginationen heutiger Frauen erscheint anstelle einer lichten göttlich-weiblichen Gestalt, wie sie etwa Hildegard von Bingen sah, eher eine schwarz gewandete, trauernde Mutter Natur, die außerordentlich numinos wirkt. Man könnte dies als Ausdruck der Umwelt- und Innenweltzerstörung von Natur, Leib und Seele in der Gegenwart deuten.


'''Literatur:''' Standard
'''Literatur:''' Standard


'''Autor:''' Knoll, Dieter
'''Autor:''' Wöller, Hildegunde

Aktuelle Version vom 19. Oktober 2023, 17:51 Uhr

Keyword: Sophia

Links: Gottesbild, Logos-Prinzip

Definition: Sophia ist ein griechische Wort und bedeutet Weisheit. Im Hebräischen: Chochma.

Information: Siehe unter Interpretation.

Interpretation: In der Zeit des Hellenismus Symbolfigur für Erkennen der Welt und ihrer Gesetze. Philosophen sind Freunde der Weisheit. In der jüdischen Weisheitsliteratur tritt sie auf als öffentliche Rednerin, die für sich wirbt, vor Frau Torheit warnt und ihren Anhängern ein gutes Leben verspricht. Sie stellt sich vor als geboren vor der Schöpfung, als Freundin oder Geliebte des Schöpfers oder als junges Mädchen, das auf dem Erdenkreis tanzt und ihre Freude hat an den Menschen. Sie gilt als Urlicht der Schöpfung, als Energie, die alles durchdringt und erhält. Sie erscheint als Lebensbaum, der Menschen einlädt, von ihren Früchten zu kosten. Hinter ihrem Rat steht die Weisheit der Natur. Wer ihren Rat ausschlägt, handelt sich Tod und Verderben ein. In der jüdischen Mystik ist sie kaum zu unterscheiden von der Schechina, (wörtlich: Einwohnung Gottes), die ebenfalls als weibliche Gestalt beschrieben wird. Gott selbst kleidete sie in ein Gewand, das mit Edelsteinen besetzt ist. Sie nistete als Taube auf den Zinnen des Tempels, begleitete die Juden aber auch ins Exil.

In der Gnosis wird Sophia gespalten in eine untere und eine obere Sophia. Die eine sei mit der Schöpfung gefallen, die andere leite zur Erkenntnis. Eine mythische Überlieferung erzählt, Sophia sei von den Weisen und Gebildeten verlacht worden und habe sich daher in den Himmel zurückgezogen, wo sie Herrin der Engel ist. Sie werde aber wiederkehren oder einen Gesandten schicken. Dann werde sie zu den Ungebildeten und Kindern reden, die sie besser verstehen würden.

Im frühen Christentum wurde Jesus offenbar als Sprecher und Gesandter der Sophia verstanden. Bei der Taufe ließ sie sich auf ihm nieder, wohnte in ihm als Taube. Die Hagia Sophia in Konstantinopel ist eine Sophia- und Christuskirche in einem. Die Ostkirche verehrt neben Christus auch die Sophia, auf Ikonen eine thronende weibliche Gestalt in rotem Gewand mit Flügeln. Sie entwickelte auch eine eigene Lehre von der Himmlischen Weisheit, die im Westen unbekannt blieb. In Westeuropa ist die Verehrung Sophias durch die Verehrung Marias als der Himmelskönigin verdrängt worden. Beide Gestalten wurden so verschmolzen, dass Sophia unsichtbar wurde. Nur wenige mittelalterliche Darstellungen zeigen Sophia als alma mater, die Professoren mit ihrer Milch nährt, oder die sieben Säulen des Tempels der Weisheit. Seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts ist Sophia von feministischen Frauen in Westeuropa und den USA wieder entdeckt worden als weibliche Alternative zum patriarchal geprägten Gottesbild. Durch sie sind das Leben und die Natur als von göttlicher Liebe und Energie durchdrungen zu begreifen. Und durch Sophia braucht der Erkenntniswille des Menschen nicht länger als Aufruhr gegen Gott verstanden zu werden, er ist im Gegenteil eine Gabe der Weisheit, allerdings setzt er Ehrfurcht voraus. Im Prolog des Johannesevangeliums, von der Logos-Philosophie inspiriert, kann Logos (deutsch: das Wort) auch als Sophia gedeutet werden. Durch Sophia wird die kosmische Bedeutung des Christus wieder sichtbar.

Das Aufkommen der Sophia zur Zeit des Hellenismus kann als Wiederkehr der orientalischen Göttinnen der Frühzeit verstanden werden. Sie fordert keine Opfer und Kulte, ist aber wie sie Symbol den Kosmos. Gestirne, Meere und Berge, Pflanzen und Tiere werden von ihr hervorgebracht und erhalten. Sie personifiziert die Weisheit der Natur und verleiht dem Menschen Erkenntnisfähigkeit, wenn er sich ihr mit Ehrfurcht nähert. Im Unterschied zu den meisten archaischen Göttinnen wird Sophia vor allem durch die Sonne symbolisiert und damit als Licht und Klarheit.

Alle Religionen der Erde kennen eine weibliche göttliche Gestalt, die die Weisheit der Natur personifiziert. Sie wird auch als Mutter Natur oder als Anima mundi verstanden. In jedem Fall ist sie Symbol für das Staunen und einen ehrfürchtigen Umgang des Menschen mit seiner Mitwelt. Überlieferte Visionen schildern Sophia als lichte, schöne, ehrfurchtgebietende Gestalt. In Träumen und Imaginationen heutiger Frauen erscheint anstelle einer lichten göttlich-weiblichen Gestalt, wie sie etwa Hildegard von Bingen sah, eher eine schwarz gewandete, trauernde Mutter Natur, die außerordentlich numinos wirkt. Man könnte dies als Ausdruck der Umwelt- und Innenweltzerstörung von Natur, Leib und Seele in der Gegenwart deuten.

Literatur: Standard

Autor: Wöller, Hildegunde