Vas hermeticum und Verirren: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Keyword:''' Vas hermeticum
'''Keyword:''' Verirren


'''Links:''' [[Alchemie]], [[Bauch]], [[Eier]], [[Gefäß]], [[Gral]], [[Herd]], [[Schweigen]], [[Temenos]], [[Uterus]], [[Vase]]
'''Links:''' [[Chaos]], [[Fallen]], [[Heros-Prinzip]], [[Jenseits]], [[Labyrinth]], [[Nacht]], [[Nachtmeerfahrt]], [[Nebel]], [[Rätsel]], [[Regression]], [[Reise]], [[Suche]], [[Wald]], [[Wanderung]], [[Weg]], [[Ziel]]


'''Definition:''' Die Alchemisten das Gefäß, in welchem sich der Wandlungsprozess vollzog, als Vas hermeticum oder Vas hermetis.
'''Definition:''' Wenn man sich verirrt (mhd. verirren, ahd. farirron), verliert man die Orientierung und damit den Weg, der zum angestrebten Ziel führt. Man gelangt so irgendwohin, wohin man gar nicht gelangen wollte.


'''Information:''' Der Name weist auf die Beziehung der Alchemie zur Hermetik. Noch heute benutzen wir das Wort hermetisch, um etwas fest Verschlossenes zu bezeichnen. In der Alchemie war es wichtig, dass während des Prozesses weder etwas von Außen hineinkommen, noch etwas von innen nach Außen entweichen konnte.
'''Information:''' Wenn man sich verirrt hat, haben unsere bisherigen bewussten Mittel der Orientierung versagt, man verliert die Kontrolle und es bleibt nur noch, sich seinen Instinkten und der Intuition hinzugeben. Großen Entdeckungen im Leben wie im Traum scheinen oft erst dann möglich zu werden, wenn man seinen Weg verliert bzw. eine zeitlang auf unbekannten Wegen unherrirren muss. Kolumbus z. B: entdeckte Amerika, indem er sich auf dem Weg nach Indien verirrte. Praktisch alle Abenteuer- und Heldengeschichten beinhalten in der einen oder anderen Weise das Motiv des Sich-Verirrens oder des Hineingeratens in unbekannte Bereiche ([[Nachtmeerfahrt]]).


'''Interpretation:''' Das Gefäß musste rund sein, denn es stellte einen Kosmos dar, gleichzeitig war es eine Art kosmischer Gebärmutter. Manchmal war es für das opus rotatorium so gestaltet, dass die aufgesteigenden Dämpfe sich in Seitenhälsen niederschlugen und dem Hauptgefäß wieder als Flüssigkeit zugeführt werden (sogenannter Pelikan). Was vom wissenschaftlich-chemischen Standpunkt aus wie völlig sinnlos aussieht, macht vom tiefenpsychologisch-symbolischen Standpunkt aus durchaus Sinn, weil es sich um eine Vergeistigung (Sublimierung) und nachfolgende Konkretisierung (Realisierung) eines psychischen Inhaltes handelt. Es ist das, was die Alchemisten mit ihrer Sentenz "solve et coagula" (löse auf und verfestige) meinen. Ein Inhalt kann nur verstanden und integriert werden, wenn er aus der Projektion zurückgeholt wird, indem er symbolisch verstanden wird. Dann muss er wieder in die Wirklichkeit zurückgebracht und konkretisiert werden, worauf der Vorgang wiederholt werden muss.
'''Interpretation:''' Seit uralten Zeiten wird das Unbewusste durch eine große unbekannte Gegend, das Meer, die Wüste, den fast undurchdringlichen Wald, in dem man sich verirrt, symbolisiert. Auch in vielen Märchen bildet der dunkle, verzauberte Wald den Eingang zum magische Bereich des Geschehens (klassisch: Hänsel und Gretel). Wie im verzauberten Wald besteht auch im [[Labyrinth]] die Gefahr, sich zu verirren. Nur wer Erfahrung und Wissen hat, kann das Zentrum finden, und diejenigen, die es ohne Wissen wagen, verirren sich.


Das Gefäß ist auch eine Gebärmutter (Uterus), weil aus ihm letztlich der Sohn der Philosophen (filius philosophorum) geboren wird, der erneuerte und verjüngte König. Daher hat es die Form des Uterus oder des Eies, denn der Kosmos im Gefäß ist auch ein Keim, aus dem eine neue Welt entsteht.
Träume, in den man sich in den Straßen einer Großstadt, einem Parkhaus, einem Hochhaus, in Kellern, in Höhlen oder einer Landschaft verirrt, in denen man seinen Ausgangspunkt oder sein Ziel sucht, nach Hause will, sind sehr häufig, anstrengend und belastend. Sie scheinen insbesondere in Situationen aufzutauchen, in denen man leistungsmäßig oder psychisch überfordert ist, in denen man zu viele Informationen verarbeiten muss oder in denen man sich in einer Krise befindet, aus der man einen Ausweg sucht. Auch ist es ein klassisches Motiv für den Beginn oder für kritische Phasen im Individuationsprozess, in dem man mit bisher unbekannten Inhalten des Unbewussten konfrontiert wird, durch die man aus dem psychischen Gleichgewicht gebracht wird, mit denen man sich auseinandersetzen muss, um zu einer neuen Orientierung zu finden.


Die Gefäßsymbolik ist uralt, wohl älter als durch schriftliche Zeugnisse fassbar, denn der Mensch brauchte stets ein Gefäß, um einen Inhalt fassen zu können. Das Gefäß symbolisiert daher die Auffassung für einen psychischen Inhalt, was auch eine Theorie oder Ideologie sein kann. In einem alchemistischen Text, der Visio Arislei, wird das Gefäß als gläsernes Haus, in welchem Gabritius eingekerkert wird, bezeichnet.
Berücksichtigen muss man bei solchen Träumen allerdings, dass die logische Denk- und Orientierungsfähigkeit im Traumzustand herabgesetzt ist, so dass es schwierig ist, rational-logische Prozesse (Rechnen, Nachdenken, Analysieren usw.) durchzuführen. Das Traumdenken funktioniert eher assoziativ-kreativ, so dass man im Traum meist nicht dahin kommt, wohin man ursprünglich gehen wollte oder was man ursprünglich tun wollte.
 
Eine wichtige Rolle spielt das Gefäß (krater) im Corpus Hermeticum (CH IV, 4), wo ein Mischkrug gefüllt mit Geist vom Himmel kommt, in welchem sich die Menschen baden sollen, um Gnosis zu erhalten. Das Gefäß ist auch das Taufbecken im Christentum.
 
Das Gefäß der Alchemie ist jedoch nicht nur ein Werkzeug des Alchemisten, sondern eine mystische Idee, denn es ist auch das Wasser der Philosophen, nämlich das ewige Wasser (aqua permanens), das heißt Gefäß und Inhalt sind dasselbe. Immer wieder wird betont, dass das Gefäß wie das Werk alles nur eines sei (unum est vas  [...] ). Das vollkommene Ei der Philosophen sei nichts anderes als das eine Gefäß, der eine Stein. Das Vas Hermeticum sei etwas Wunderbares (vas mirabile), in welchem das ganze Geheimnis liege, aus welchem der wundersame Stein (Stein der Weisen) geboren wird.
 
Bekannt ist das mystische Gralsgefäß. In der Messe spielt der Kelch eine große Rolle. Im gnostischen Evangelium des Philip wird Johannes 6, 53 zitiert: "Wenn ihr nicht das Fleisch des Sohnes des Menschen esst und sein Blut trinkt, habt ihr kein Leben in euch", und kommentiert, das Fleisch ist das Wort und sein Blut ist der heilige Geist. Das Fleisch enthält den Geist und ist Licht. Daher aufersteht man im Fleisch (NHC II, 3; 56, 35-57, 19).
 
Eine merkwürdige Verwendung des mystischen Gefäßes findet sich in den Oden Salomos (19, 2): "Der Sohn ist der Becher, und der, der gemolken wurde, (ist) der Vater, und der ihn gemolken hat, (ist) die heilige Geist (im Hebräischen ist ruah weiblich). Wenn wir bedenken, dass in der jüdischen Mystik der Mensch als irdenes Gefäß verstanden wird, ist der Ausspruch nicht mehr so fremd. Die Gefäße als Symbol für die Menschen finden sich auch im gnostischen Evangelium veritatis (NHC I, 3; 26, 5; 36, 19-22). Beim Gnostiker Basilides ist das Gefäß mit dem Duft des Salböls ein Symbol des "Heiligen Geistes, der in sich den Geruch der Sohnschaft hat" (Hipp. VII 22, 14). Im Fragment 27 des Herakleon wird die Begegnung Christi mit der Samaritanerin am Jakobsbrunnen (Joh. 4, 6 ff.) in gnostischer Interpretation erzählt. Die Frau lässt ihren Wasserkrug stehen, da sie nun im Soter (Heiland) ein Gefäß hat, mit dem sie lebendiges Wasser schöpfen kann, was ihr nicht "weggenommen", noch "verzehrt" oder "verdorben" werden kann (Fragm. 17).
 
In der Analytischen Psychologie wird das Bild des "Vas hermeticum" gelegentlich für den Individuationsprozess gebraucht, indem es einerseits für bestimmte Einstellungen steht, die für die Auseinandersetzung mit dem Unbewussten erforderlich sind: Zeit, Beharrlichkeit, Engagement, Experimentieren, Geduld, Wiederholung, Aushalten-Können von emotionalen Spannungen, Verschwiegenheit (das Gefäß muss dicht und verschlossen sein) und indem den inneren und äußeren Raum ([[Temenos]]) darstellt, der für einen solchen Prozess erforderlich ist.


'''Literatur:''' Standard
'''Literatur:''' Standard


'''Autor:''' Ribi, Alfred
'''Autor:''' N. N.

Version vom 6. November 2015, 22:10 Uhr

Keyword: Verirren

Links: Chaos, Fallen, Heros-Prinzip, Jenseits, Labyrinth, Nacht, Nachtmeerfahrt, Nebel, Rätsel, Regression, Reise, Suche, Wald, Wanderung, Weg, Ziel

Definition: Wenn man sich verirrt (mhd. verirren, ahd. farirron), verliert man die Orientierung und damit den Weg, der zum angestrebten Ziel führt. Man gelangt so irgendwohin, wohin man gar nicht gelangen wollte.

Information: Wenn man sich verirrt hat, haben unsere bisherigen bewussten Mittel der Orientierung versagt, man verliert die Kontrolle und es bleibt nur noch, sich seinen Instinkten und der Intuition hinzugeben. Großen Entdeckungen im Leben wie im Traum scheinen oft erst dann möglich zu werden, wenn man seinen Weg verliert bzw. eine zeitlang auf unbekannten Wegen unherrirren muss. Kolumbus z. B: entdeckte Amerika, indem er sich auf dem Weg nach Indien verirrte. Praktisch alle Abenteuer- und Heldengeschichten beinhalten in der einen oder anderen Weise das Motiv des Sich-Verirrens oder des Hineingeratens in unbekannte Bereiche (Nachtmeerfahrt).

Interpretation: Seit uralten Zeiten wird das Unbewusste durch eine große unbekannte Gegend, das Meer, die Wüste, den fast undurchdringlichen Wald, in dem man sich verirrt, symbolisiert. Auch in vielen Märchen bildet der dunkle, verzauberte Wald den Eingang zum magische Bereich des Geschehens (klassisch: Hänsel und Gretel). Wie im verzauberten Wald besteht auch im Labyrinth die Gefahr, sich zu verirren. Nur wer Erfahrung und Wissen hat, kann das Zentrum finden, und diejenigen, die es ohne Wissen wagen, verirren sich.

Träume, in den man sich in den Straßen einer Großstadt, einem Parkhaus, einem Hochhaus, in Kellern, in Höhlen oder einer Landschaft verirrt, in denen man seinen Ausgangspunkt oder sein Ziel sucht, nach Hause will, sind sehr häufig, anstrengend und belastend. Sie scheinen insbesondere in Situationen aufzutauchen, in denen man leistungsmäßig oder psychisch überfordert ist, in denen man zu viele Informationen verarbeiten muss oder in denen man sich in einer Krise befindet, aus der man einen Ausweg sucht. Auch ist es ein klassisches Motiv für den Beginn oder für kritische Phasen im Individuationsprozess, in dem man mit bisher unbekannten Inhalten des Unbewussten konfrontiert wird, durch die man aus dem psychischen Gleichgewicht gebracht wird, mit denen man sich auseinandersetzen muss, um zu einer neuen Orientierung zu finden.

Berücksichtigen muss man bei solchen Träumen allerdings, dass die logische Denk- und Orientierungsfähigkeit im Traumzustand herabgesetzt ist, so dass es schwierig ist, rational-logische Prozesse (Rechnen, Nachdenken, Analysieren usw.) durchzuführen. Das Traumdenken funktioniert eher assoziativ-kreativ, so dass man im Traum meist nicht dahin kommt, wohin man ursprünglich gehen wollte oder was man ursprünglich tun wollte.

Literatur: Standard

Autor: N. N.