Eros-Prinzip

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Keyword: Eros-Prinzip

Links: Anima, Animus, Blume, Herz, Liebe, Rose, Sexualität

Definition: Das Eros-Prinzip bezeichnet die Dimensionen der seelischen Beziehung und Bezogenheit, der Verbundenheit, der Liebe, Erotik, Sinnlichkeit und Sexualität. Es meint darüber hinaus auch die Schönheit, Ästhetik und Harmonie. Desgleichen gehören zum Eros die Kunst, der Humor und die Freude und als transpersonale Aspekte die Universale Liebe, Unio Mystica, All-Verbundenheit, Einheitserfahrung, Glücks- und Ekstaseerfahrung.

Information: Nach alten mythologischen Vorstellungen der Griechen ist es der Gott Eros, der das Leben auf der Welt geschaffen hat. Die Erde ist kahl und leblos, bis Eros seine Pfeile in die Erde schießt und das Leben, die Freude und die Bewegung hervorbringt und Mann und Frau den Geist des Lebens einbläst. Neben der schöpferischen und sexuelle Energie steht Eros auch für die Sehnsucht nach dem edlen und höheren Leben, dem Schönen, Wahren und Guten, zeigt sich deshalb auch in aller Begeisterung für die Kunst, die Philosophie, die Wissenschaft. Gegendämon des Dämonen Eros ist der Dämon Apathie.

Interpretation: Die umfassende Bedeutung, die die erotische Verbindung und Vereinigung von Mann und Frau (Coniunctio) sowohl als konkrete sexuelle Handlung wie auch als transzendentes Symbol für den Menschen hat, wird dadurch verständlich, dass aus ihr sein Dasein hervorgeht. Eros überwindet die wohl am dringlichsten und unmittelbarsten erlebte polare Spannung, nämlich die zwischen Mann und Frau. So ist die Frage der (erotischen) Beziehung das zentrale Thema, das in unzähligen Gestaltungen, im Untersten und Obersten, im Höchsten und Tiefsten, im Heiligsten und Profansten Frauen wie Männer bewegt. So wundert es nicht, dass der Vorrat an diesbezüglichen eindeutigen Anspielungen unerschöpflich scheint und Freud in der Symbolik des Unbewussten vor allem erotische Motive zu erkennen glaubte. Erst später stellte er dem Eros den Todestrieb entgegen.

C. G. Jung verstand unter dem Begriff Eros hauptsächlich das Prinzip der Lebendigkeit und Bezogenheit, das er für charakteristisch für das weibliche Bewusstsein hält. Auch die Anima (Anima, Animus) verband er mit dem Eros. Ihm gegenüber stellte er zum einen den Heros als den Willen zur Macht (Heros-Prinzip) - wo der Eros fehle, regiere die Macht -, zum anderen das Logos-Prinzip. Zwar ist dieses typisch für den Animus und das männliche Bewusstsein, doch warnte Jung vor schematischen, festlegenden Zuschreibungen."Ich gebrauche Eros und Logos bloß als begriffliche Hilfsmittel, um die Tatsache zu beschreiben, dass das Bewusstsein der Frau mehr durch das Verbindende des Eros als durch das Unterscheidende und Erkenntnismäßige des Logos charakterisiert ist. Bei Männern ist der Eros, die Beziehungsfunktion, in der Regel weniger entwickelt als der Logos. Bei der Frau dagegen bildet der Eros einen Ausdruck ihrer wahren Natur." (Jung, GW 9/2, § 29)

Darüberhinaus betonte er, dass er mit Eros vor allem die seelische Beziehung meine und Männer in dieser Hinsicht erotisch oft blind seien, indem sie das Missverständnis begingen, den Eros mit der Sexualität zu verwechseln."Der Mann meint, eine Frau zu besitzen, wenn er sie sexuell hat. Er hat sie nie weniger. Denn für die Frau ist nur erotische Beziehung wirklich maßgebend. Für sie ist die Ehe eine Beziehung mit der Beigabe der Sexualität." (Jung, GW 10, § 255) Der Eros und damit die Beziehungsfrage sei ein Gebiet, das dem Mann schwer zugänglich sei. Der Mann finde die Diskussion der persönlichen Beziehung immer "peinlich und langweilig", genau so, wie die Frau es empfinden würde, wenn ihr Gatte sie über die "Kritik der reinen Vernunft" examinieren wollte. Der Eros gehört für den Mann zum Schattenland und verwickelt ihn in weibliches Unbewusstes, in "Seelisches", während der Logos für die Frau eine tödlich langweilige Vernünftelei ist, wenn sie ihn nicht geradezu fürchtet und verabscheut". (vgl. Jung, GW l0, § 146 f)

Von den Schattenseiten des Eros berichten die großen Liebesdramen der Menschheit. Alle großen Irrungen und Wirrungen des Lebens scheinen irgendwie mit ihm verbunden. Eros kann das Höchste im Menschen wecken, aber auch das Niedrigste anstacheln: die Eifersucht, Gemeinheit, Intrige, den Betrug, die Rache, den Mord. Eros verführt zum übermäßigen Luxus und zur hemmungslosen Verschwendung, zum Rausch und den vielen gesellschaftlich tabuisierten Variationen des sexuellen Erlebens und Verhaltens.

Die Symbole des Eros sind aus den unzähligen Liebesgeschichten der Weltliteratur bekannt: beispielsweise das Herz, die Blumen, insbesondere die Rose, die Sexualität, der erotische nackte Körper, Vereinigungssymbole, süße Früchte (Apfel, Erdbeere, Kirsche, Traube, Feige), Feuer (Leidenschaft), Wasser (Erfrischung), sonstige Symbole der Schönheit und Harmonie, der Glanz des warmen goldenen Lichtes, die Götter Eros und Dionysos, die Göttin Aphrodite.

Literatur: Standard; Müller, 2001

Autor: Müller, Lutz